Drug-Checking in Berlin: Lösung für das Drogenproblem?
In Berlin soll man bald Drogen auf ihre Sauberkeit testen lassen können. Wird das den Konsum noch weiter antreiben? Wird die CDU das Projekt kippen?

Kostenlos, anonym und straffrei können Konsumenten bald Drogen auf giftige Zusatzstoffe und Wirkstoffgehalt testen lassen. Vor fünf Jahren wurde das Drug-Checking-Projekt des Berliner Senats beschlossen. In wenigen Wochen soll es endlich losgehen. 200.000 Euro jährlich sind dafür vorgesehen. Vor allem Partygänger sind Zielgruppe des Drug-Checkings. In der Berliner Clubszene spielen Drogen eine große Rolle. Schwerabhängige lassen Drogen seltener testen.
Berlin verzeichnet deutschlandweit die meisten Todesfälle durch Drogenkonsum. Im Jahr 2021 wurde mit 223 Drogentoten ein trauriges Rekordhoch erreicht. „Es ist nun mal Realität, dass in Berlin nicht nur gekifft wird, sondern auch andere Drogen konsumiert werden, sei es die Ecstasytablette im Club oder das Kokain in der Chefetage“, sagt Vasili Franco, Sprecher für Drogenpolitik der Grünen. Konsumenten seien „unglaublich großen Risiken ausgesetzt“, vor allem, wenn unklar sei, was die Drogen enthielten. „Wir dürfen hier nicht einfach tatenlos wegschauen.“
Die Klienten haben oberste Priorität
Ein offizielles Datum für den Beginn des Projekts steht noch nicht fest. Zumindest wurden mittlerweile ausreichend Mitarbeiter eingestellt. Lange unbesetzt waren zwei Stellen am Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin (Germed), wo die Laboranalysen durchgeführt werden sollen. Bis die Mitarbeiter eingearbeitet sind, werden weitere vier Wochen vergehen. Nun laufen letzte Absprachen zum Ablauf des Drug-Checkings, dann sollte dem Projekt nichts mehr im Wege stehen.
Das Projekt wird durch die Drogenhilfen Vista und Fixpunkt sowie die Schwulenberatung Berlin unterstützt. Lars Behrends von Vista sagt, das Interesse am Drug-Checking sei groß. Die Presse solle für das Projekt werben, jedoch müsse ein Medienansturm bei den Stützpunkten vermieden werden. Die Klienten haben oberste Priorität, sie sollen in Ruhe ankommen und vor allem anonym bleiben.
Drogenproblem genauer analysieren
Jeder der drei Träger wird einen Standort verwalten. Montags und dienstags werden voraussichtlich Sprechstunden angeboten. Neben einer Beratung und anonymer Datenerhebung zu Konsum und Erwerb der Drogen können Proben zur Untersuchung abgeben werden. Etwa drei Tage später erhalten die Konsumenten telefonisch oder persönlich eine Rückmeldung. Fotos von besonders gefährlichen Drogen sollen zur öffentlichen Warnung auf der Website des Projekts hochgeladen werden. Die Website wird erst mit dem offiziellen Start des Drug-Checkings online gehen. Der Senatsverwaltung zufolge soll die Laboranalyse so früh wie möglich starten, „ggf. zunächst mit wenigen Proben“.
Laut Behrends dient das Drug-Checking der Aufklärung und Sensibilisierung von Drogenkonsumenten. Außerdem sei es ein gutes Monitoring darüber, was konsumiert wird, was auf dem Markt ist und was die Drogen enthalten. Das Projekt öffne Türen direkt zu den Menschen. So könne das Drogenproblem der Stadt genauer analysiert und bekämpft werden.
Die Zukunft des Projekts ist unsicher
Der Gesundheitssenat erklärte, Ziel des Projekts sei, „vor den gesundheitlichen Risiken zu warnen und die Entwicklung einer kritischen Haltung zum Drogenkonsum zu fördern“. Der Drogenkonsum solle keinesfalls erleichtert, sondern sicherer werden. SPD, Linke und Grüne hatten das Projekt vor fünf Jahren gemeinsam beschlossen. Franco betont, dass das Drug-Checking ein wichtiger Schritt für eine Entkriminalisierungsstrategie sei.
Das Strafrecht sei nachweisbar kein Allheilmittel gegen das fundamentale Drogenproblem. Es brauche einen ehrlichen Umgang mit Drogen. „Menschen konsumieren seit jeher Drogen und werden es auch weiter tun“, sagt er in einem Statement. „Es geht bei Entkriminalisierung nicht darum, Menschen zum Drogennehmen zu motivieren, sondern denjenigen, die konsumieren, einen sicheren Umgang damit zu ermöglichen.“ So entstehe für die Konsumenten und die Gesellschaft der geringste Schaden.
Der CDU- Abgeordnete Christian Zander ist gespaltener Meinung. Einerseits zeige das Drug-Checking, „wie gefährlich der Drogenkonsum abgesehen von den üblichen Folgen der Substanzen ist, da falsch dosierte oder verunreinigte Drogen sich unmittelbar lebensgefährdend auswirken können, weshalb es dieses Angebot überhaupt gibt“. Kritisch sieht er, dass „das Projekt als Schritt in Richtung Legalisierung der dort zu testenden Substanzen verstanden werden könnte“. Ein Hauptargument gegen das Drug-Checking ist, dass ein Anreiz zum Drogenkonsum entstehen könnte. Das ist laut Behrends durch Erfahrungen aus Österreich und der Schweiz, wo es Drug- Checking schon länger gibt, widerlegt.
Ob das Projekt vom zukünftigen Senat weitergeführt wird, ist dem Gesundheitssenat zufolge noch nicht einschätzbar. Gute erste Erfahrungen mit dem Drug-Checking würden die Chancen vergrößern, sagt Behrends. Zanders Einschätzung nach wird das Projekt umgesetzt, da es bereits so weit vorangeschritten sei. Erfolg und Misserfolg seien dann zu evaluieren.
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