Ein Fahrverbot für Dieselautos wäre für Penlder verheerend
Raik Ritzau ist ein ziemlich optimistischer Mensch. Aber dass für die Dieselautobesitzer in Deutschland alles beim Alten bleibt – so optimistisch ist er nun doch wieder nicht. „Ich erwarte, dass das Bundesverwaltungsgericht am Donnerstag Dieselfahrverbote für rechtmäßig erklären wird“, sagt der 41-Jährige. „Es wird den Städten die Möglichkeit an die Hand geben, solche Verbote zu verhängen.“ Wie sie diese Möglichkeit nutzen, welche Einschränkungen es wann geben wird – „das wird nach dem Urteil die nächste spannende Frage sein“.
Damit wird für Raik Ritzau und die anderen Dieselfahrzeugbesitzer die Zitterpartie am Donnerstag noch lange nicht zu Ende sein. Doch eines ist für den Pendler, der mit seinem Golf 2.0 TDI täglich von Ferch im Landkreis Potsdam-Mittelmark nach Berlin-Wilmersdorf zur Arbeit fährt, jetzt schon klar. „Ich fühle mich veralbert“, sagt Ritzau. Im Mai des vergangenen Jahres hat er seinen Diesel-Kombi (Farbe: Toffee) gebraucht gekauft, die Finanzierung läuft noch. „Der Händler sagte: Der Wagen hat Euro 5, da brauchen Sie sich für die Zukunft überhaupt keine Sorgen machen. Wenn Fahrverbote kommen, dann erst ab Euro 4 abwärts.“ Und so unterschrieb Ritzau den Kaufvertrag.
Nur bei kleinen Händlern kann man noch Diesel loswerden
Er hatte auch sonst ein gutes Gefühl, seinen alten Diesel nach mehr als 200.000 Kilometern gegen ein neueres Fahrzeug mit derselben Antriebsart einzutauschen. „Mein Wagen hat die Energieeffizienzklasse A, viele Benziner schaffen nur die Klasse B. Der Kraftstoffverbrauch ist niedrig. Für den Weg zur Arbeit und zurück tanke ich im Schnitt nur 4,8 Liter Diesel auf hundert Kilometer“, rechnet Ritzau vor. Auch der Kohlendioxidausstoß ist geringer als bei Benzinern.
Doch diese Vorteile zählen inzwischen nur noch wenig. Die monatelange Diskussion um hohe Stickoxidwerte bei Dieselfahrzeugen und um mögliche Fahrverbote hat eine große Verunsicherung ausgelöst. Das hat Ritzau schon gemerkt – als er als Arbeitnehmer beauftragt wurde, Dieselautos aus dem Fuhrpark seines Arbeitgebers zu verkaufen.
„Für Dieselfahrzeuge unterhalb von Euro 6 geben große Autohändler meist nicht mal mehr Angebote ab, der Markt ist gesättigt“, sagt der Mitarbeiter eines Verbands. „Nur bei kleinen Händlern kann man noch Diesel los werden“ Viel Geld lässt sich damit aber nicht mehr erlösen: „Vor nicht allzu langer Zeit betrug der Wertverlust nach drei Jahren rund 50 Prozent, heute sind es 70 Prozent.“ Den Bürgern gehen große Werte verloren.
Hersteller sollten dazu verpflichtet werden, Hardware nachzurüsten
Wie viele andere Pendler, so sagt auch Ritzau, dass er auf sein Auto angewiesen ist. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln wäre er von Ferch bis Wilmersdorf fast anderthalb Stunden unterwegs. „Mit dem Auto brauche ich 45 bis 50 Minuten pro Weg, wenn es Stau gibt. Ohne Stau sind es 35 bis 40 Minuten.“ Möglichkeiten, in der Nähe seines Wohnorts an einem Bahnhof zu parken und mit dem Zug zur Arbeit zu fahren, gebe es nicht. „Von mir aus ist der nächste Bahnhof in Seddin, doch Park and Ride ist dort kaum möglich, weil Parkplätze fehlen. Manche parken nebenan im Wald, aber da sind schon Autos aufgeknackt worden“, erzählt Raik Ritzau.
Wenn der Senat in Berlin Fahrverbote verhängt, die sich auf Straßen mit hoher Stickoxidbelastung beschränken, könnte er damit leben. „Wenn aber die ganze Umweltzone in der Innenstadt tabu wäre, würde ich mit dem Auto nicht mehr zur Arbeit kommen. Ich müsste vor der Umweltzone parken, aber da wäre ich sicher nicht der einzige. Auf Dauer stünde ein Autowechsel an.“
Der Bund müsste mehr unternehmen, um die Interessen der Dieselautobesitzer zu vertreten, sagt Ritzau. „Er muss die Hersteller dazu verpflichten, Hardware nachzurüsten. Da sind klare Vorgaben nötig.“ So viel steht fest: Mit dem Urteil am Donnerstag endet die Diskussion über die Zukunft des Dieselautos nicht – sie geht erst richtig los.