Berlin - Nachdem die Initiative „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ fast 350.000 Unterschriften für ihr Volksbegehren zur Vergesellschaftung von Wohnungen großer Immobilienunternehmen gesammelt hat, formiert sich Widerstand. Der wirtschaftsnahe Verein Neue Wege für Berlin, der sich vor zwei Jahren mit der Forderung zum Bau von 12.500 bezahlbaren Wohnungen pro Jahr zu Wort gemeldet hat, stellte am Dienstag eine von ihm aufgelegte Kampagne vor. Er lässt darin Menschen zu Wort kommen, die sich zu ihren Erfahrungen auf dem Wohnungsmarkt äußern – und dies mit einer persönlichen Positionierung verbinden.
So erklärt eine Angestellte mit dem Namen Katharina: „Ich glaube, dass Enteignungen nicht der richtige Weg sind, weil es nicht mehr bezahlbare Wohnungen schafft.“ Und eine Krankenpflegerin mit dem Namen Marú stellt fest: „Wir werden mit dem Wohnungsthema komplett alleingelassen.“ Bisher sind die beiden Protagonistinnen die einzigen Botschafterinnen der Kampagne, aber es sollen, so der Verein, vermutlich bis zu zehn werden.
Kleine Filmchen und Banner
Die Personen sind auf Bannern und in kleinen Filmchen zu sehen, die über die sozialen Medien verbreitet werden sollen. Entwickelt wurde die Kampagne nach Angaben von Vereinschef Heiko Kretschmer von der Agentur CBE. Diese weist auf ihrer Homepage als Kunden neben großen Unternehmen wie Daimler und Lufthansa auch die Deutsche Wohnen aus. Der Verein sei dabei, das Geld für die Kampagne einzusammeln, sagt Kretschmer. Je mehr es werde, umso mehr könne der Verein tun - zum Beispiel Anzeigen schalten. Bis in den September, in dem die Wahlen und der Volksentscheid zur Enteignung anstehen, solle die Kampagne laufen. Momentan bewege sich das Spendenvolumen im „niedrigen sechsstelligen Bereich“, so Kretschmer. Im wesentlichen kämen die Spenden von „Vertretern der Wirtschaft“. Die Deutsche Wohnen gehört nach Vereinsangaben nicht zu den Unterstützern.
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„Jetzt ist die Zeit, die Argumente und Positionen darzustellen, die klar machen, dass Enteignungen großer Wohnungsunternehmen keineswegs die Lösung sind“, sagt Udo Marin, Vorstandsmitglied des Vereins und früherer Geschäftsführer des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI). Wer neu bauen will, brauche die Privaten. „Sie stehen für 70 Prozent des Neubaus“, so Marin.
Senat erreicht sein Ziel nicht
Der Verein Neue Wege für Berlin, der sich als überparteilich versteht, hatte im vergangenen Jahr im Rahmen einer Volksinitiative 67.125 Unterschriften gesammelt. Die Forderung: 100.000 Wohnungen zu Mieten von sechs bis zehn Euro je Quadratmeter innerhalb von acht Jahren. Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) hatte Ende 2020 in einer Antwort darauf verwiesen, dass die Forderungen des Vereins „bereits umgesetzt und vorangetrieben“ werden. Kurz darauf wurde allerdings bekannt, dass das Ziel des Senats, 8500 Sozialwohnungen in den Jahren 2019 und 2020 zu bewilligen, nicht erreicht wird. Es wurden nur 5800.