Erdogan-Besuch: Wo der türkische Präsident in Berlin überall Station macht
Wenn der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan Deutschland besucht, wird die Berliner Innenstadt zur Festung. Denn der Staatsgast wird an verschiedenen Orten erwartet. Der Berliner Zeitung liegt das vorläufige Besuchsprogramm vor:
Erdogan, der auf Einladung des Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier Deutschland besucht, wird nach bisheriger Planung am 27. September, gegen 22 Uhr, auf dem militärischen Teil des Flughafens Tegel landen. Zuvor werden vier Eurofighter die türkische Maschine beim Eintritt in den deutschen Luftraum begleiten, wie das bei Staatsbesuchen üblich ist. Sobald das Flugzeug des Gastes gelandet ist, werden die Kampfjets die Landebahn noch einmal im Tiefflug überfliegen und anschließend zu ihren Standorten zurückkehren.
Die Wagenkolonne der türkischen Delegation wird Erdogan dann zum Hotel Adlon am Pariser Platz fahren. Dort ist eine Etage angemietet. Neben Erdogan, der in der 185 Quadratmeter großen Präsidentensuite in der vierten Etage übernachten wird, sind auch die Delegationsmitglieder untergebracht, die einer Sicherheitsstufe unterliegen. Die weniger gefährdeten Mitreisenden werden im Westin Grand an der Friedrichstraße wohnen.
Besuch der Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewalt
Am Vormittag des 28. September wird der Staatsgast von Bundespräsident Steinmeier mit militärischen Ehren am Schloss Bellevue empfangen. Anschließen ist ein Treffen mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (beide SPD) geplant.
Am Mittag ist Erdogan dann zu Gast im Bundeskanzleramt, wo er sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trifft. Am Nachmittag wird der Staatsgast einen Kranz an der Neuen Wache Unter den Linden niederlegen - der Zentralen Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.
Der Abend beginnt mit einem Staatsbankett im Schloss Bellevue, zu dem der Bundespräsident eingeladen hat. Vom Bellevue geht es zurück zum Adlon. Am nächsten Vormittag wird Erdogan von Tegel aus nach Hause fliegen. Unklar im Programm ist noch, ob Erdogan vor Landsleuten sprechen wird und wenn ja, wo.
Sicherheitsstufe 1 für den Staatsgast
Der türkische Präsident wird von einer Eskorte von 15 Polizisten auf Motorrädern begleitet. Auch dies gehört zu den Ritualen von offiziellen Staatsbesuchen.
Die Vorbereitungen jedenfalls laufen auf Hochtouren. Rund 5.000 Polizisten aus Berlin und anderen Bundesländern sowie der Bundespolizei sollen im Einsatz sein – eine Größenordnung wie am 1. Mai. Aus den anderen Bundesländern sind insgesamt 21 Unterstützungseinheiten angefordert.
Unterstützt werden die Einheiten von Spezialeinsatzkommandos (SEK) mehrerer Bundesländer sowie der GSG 9 der Bundespolizei. Für Erdogan gilt die höchste Sicherheitsstufe. Die Stufe 1 wird erteilt, wenn ein Anschlag auf den Gast zu erwarten ist. Eine solche Einstufung gibt nur für den US-Präsidenten, den Staatspräsidenten Israels sowie für den russischen Präsidenten.
Bei der Stufe 1 wird die Zahl der Sicherheitsleute drastisch erhöht, Versorgungsschächte werden verplombt, Papierkörbe entfernt und Gullys verschweißt. Außerdem kontrollieren Präzisionsschützen Dächer und begleiten den Konvoi. Die Bundeswehr sichert den Luftraum, Taucher suchen in Gewässern nach Bomben. Ganze Straßenzüge werden gesperrt. Die Fahrstrecken bleiben bis zum letzten Augenblick geheim.
Rings um das Regierungsviertel und das Brandenburger Tor wird die Polizei eine Sicherheitszone einrichten, wo weder Autos und Fahrräder noch größere Behälter abgestellt werden dürfen. Auch die Anwohner werden die Einschränkungen zu spüren bekommen. Ihnen ist es während der Visite verboten, sich auf dem Balkon aufzuhalten und die Fenster zu öffnen. Beim Obama-Besuch hatte sich ein Anwohner an das Verbot nicht gehalten. Er war deshalb sofort von Scharfschützen ins Visier genommen worden.
Zehntausende zu Demonstrationen erwartet
Auch der Protest gegen den Staatsbesuch formiert sich. So wurden bereits mehrere Kundgebungen bei der Polizei angemeldet und sind auch schon genehmigt. So wird es am 28. September von 8 bis 18 Uhr eine Kundgebung vor dem Bellevue unter dem Motto: „Menschenrechte für Minderheiten in der Türkei“ geben. Die Veranstaltung wird von der Gesellschaft für bedrohte Völker organisiert. Der selbe Veranstalter hat zur selben Zeit und auch zum selben Thema zu einer Kundgebung am Bundeskanzleramt aufgerufen.
Die Organisation Reporter ohne Grenzen will zwischen 14 und 17 Uhr an der selben Stelle gegen die Verhaftung von Journalisten in der Türkei protestieren. Der FDP-Abgeordnete Marcel Luthe hat zu einer Demonstration vom Breitscheidplatz zum Brandenburger Tor unter dem Motto „Meinungsfreiheit in Europa und der Türkei“ aufgerufen. Sie soll um 16 Uhr beginnen.
Am 29. September plant die kurdische Gemeinde von 12 bis 16 Uhr am Brandenburger Tor eine Protestveranstaltung gegen den Besuch Erdogans. 5 000 Teilnehmer werden erwartet. In der selben Zeit wollen 10 000 Menschen mit einer Demo gegen die Politik des türkischen Staatspräsidenten vom Neptunbrunnen zum Brandenburger Tor protestieren. Da ist der hohe Gast schon längst auf dem Heimflug.