Erfahrungsberichte zum Waldbrand in Brandenburg: Da macht wohl jemand ein Lagerfeuer im Park
Noch am Samstagmorgen roch es in vielen Straßenzügen nach Rauch, viele Berliner sind in der Nacht vom Brandgeruch geweckt worden. Dabei hat es gar nicht hier, sondern in der Mittelmark, bei Treuenbrietzen, gebrannt. Fünf persönliche Erfahrungsberichte und eine Erklärung, warum nur manche Berliner etwas gerochen haben. Den aktuellen Verlauf des Waldbrandes können Sie in unserem Newsblog verfolgen.
Etwa 65 Kilometer sind es von Treuenbrietzen im Landkreis Potsdam-Mittelmark bis in die Mitte Berlins. Aber selbst in Prenzlauer Berg kamen die Berliner in der Nacht zu Freitag und zu Samstag wegen des Waldbrandes im Südwesten Brandenburgs ins Husten. Dabei wehte nicht einmal ein böiger Wind.
Windstärke zwei herrschte in der Nacht, das bedeutet eine Windgeschwindigkeit von zehn bis 15 Kilometer pro Stunde, heißt es beim Deutschen Wetterdienst. Zudem gab es Südwestwind. Gerade nachts seien die Strömungen sehr ruhig, der Rauch aus der Luft über Treuenbrietzen habe sich „sehr sachte und gleichmäßig“ Richtung Berlin verbreiten können, erklärt der Potsdamer Meteorologe Thomas Endrulat. Aus diesem Grund habe es habe noch Kilometer weit gerochen, „als ob gerade zig tausende Menschen ihren Kamin anfeuern würden“. Am Morgen dann drehte der Wind mehr in westliche Richtung, deshalb hätten manche Berliner weniger Rauch in der Luft gerochen. Hinzu käme, dass es tagsüber turbulenter zugehe, mehr Wirbel die Luft durcheinandermischten und auf einen größeren Raum verteilten. (Sabine Deckwerth)
So haben unsere Autoren die Brand-Nacht erlebt:
Alarm statt Wecker
Morgens um 4.20 Uhr klingelt mein Wecker. Ich drehe mich um und will noch ein bisschen weiterschlafen – doch um 4.33 Uhr ertönt ein schrecklich schrilles Geräusch aus meinem Handy. Kein Wecker, sondern ein Alarm – von der App Katwarn. „Aufgrund des Großbrandes kommt es zu einer Rauchausbreitung im gesamten Berliner Stadtgebiet. Halten Sie unter Umständen Fenster und Türen geschlossen“, heißt es in der Nachricht. Ich stehe auf und tappe auf den Balkon. Dort riecht es, als hätte jemand ein riesiges Lagerfeuer im Mauerpark angezündet, beißend und unangenehm. Ein Blick auf die Nachrichten bestätigt: Hunderte Hektar Wald nahe Treuenbrietzen stehen in Flammen. (Kathrin Michulla)
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Ein Lagerfeuer in der Stadt
Am Freitagmorgen gegen zwei Uhr schreckte ich plötzlich aus dem Schlaf hoch: Der starke Geruch von verbranntem Holz strömte durch die geöffneten Schlafzimmerfenster. Ich ging auf die Terrasse, um zu schauen, ob ich einen Feuerschein oder Rauch erkenne, aber da nichts dergleichen zu sehen war, habe ich auch nicht die Feuerwehr gerufen. Bei uns in der Katzbachstraße hat neulich eine Wohnung gegenüber gebrannt, der Geruch war völlig anders, also habe ich mir nicht so große Sorgen gemacht. „Da macht wohl jemand ein Lagerfeuer im Viktoriapark und der Wind steht ungünstig“, dachte ich noch, bevor ich alle Fenster geschlossen habe und wieder ins Bett gegangen bin. Und dass das wieder typisch Berlin wäre, bei dieser Trockenheit im Park herumzuzündeln. (Maike Schultz)
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Den Nachbarn umsonst geweckt
Nachts, Viertel vor fünf: Meine Frau tappst mich über die wild im Bett verteilten Kinder hinweg an: Du, irgendwas riecht hier nach Feuer. Ich wälze mich weg. Hier riecht nichts, muffele ich sie an. Vorsichtshalber nehme ich dann doch eine Nase. Unten, auf der Straße, steht im Nachthemd eine Nachbarin, ebenfalls vom Brandgeruch geweckt worden. Ob der alte Herr aus dem Erdgeschoss mit der Zigarette im Bett eingeschlafen ist? Während sie mit zunehmender Besorgtheit gegen die Tür pocht, ziehe ich mein Smartphone, suche auf Twitter nach „Brand“ und „Berlin“. Und siehe da, überall melden die Leute den Brandgeruch, aus Charlottenburg, Tiergarten, dem Prenzlauer Berg. Schließlich finde ich die Meldung der Feuerwehr: Waldbrand. Den Nachbarn haben wir umsonst aus dem Bett geholt. (Aljoscha Brell)
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Nochmal Glück gehabt
Es ist Donnerstagabend, ich sitze wegen einer Verabredung und 15 Minuten Verspätung später im Zug als sonst. Die Strecke Berlin-Leipzig fahre ich mehrfach pro Woche. Wir sind kurz vor Jüterbog als es im Großraumabteil anfängt streng zu riechen. Ich kann nicht genau zuordnen wonach. Es ist, wie wenn man mit dem Auto an einer Fabrik vorbeifährt - ein Gestank, den man nicht ganz einordnen kann. Ich sitze in der linken Reihe, höre einen Podcast und gucke nach draußen, als plötzlich sämtliche Fahrgäste aufspringen und aus den Fenstern auf der rechten Seite starren. Eine riesige Rauchwolke schwebt über einem etwas von der Bahnstrecke entfernten Wald, in der Dämmerung sieht sie richtiggehend bedrohlich aus. Mit der Hochgeschwindigkeit des ICE lassen wir den Rauch schnell hinter uns. Zuhause checke ich die Nachrichten, lese von einem riesigen Waldbrand, Streckensperrungen, evakuierten Häusern. Ich denke mir, dass ich froh sein kann, nur eine Viertelstunde zu spät in Leipzig angekommen zu sein. Das ist nichts dagegen, sein Haus überstürzt verlassen zu müssen. Heute morgen war von dem Rauch nichts mehr zu sehen - aber der Brandgeruch wehte wieder für kurze Zeit durch den Zug. (Britt-Marie Lakämper)
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Beißender Brandgeruch im Schlafzimmer
Ich wohne in Wendenschloß, im südöstlichsten Zipfel Berlins. Gegen 2.30 Uhr bin ich aufgewacht – von einem beißenden Brandgeruch im Schlafzimmer. Ich habe meine Nase aus dem Fenster gehalten und bin dann schlaftrunken zum Schnuppern auf den Balkon getapst. Irgendwo musste es brennen, war mein Gedanke. Ich dachte an eine qualmende Mülltonne. Da ich aber schon beim letzten Großbrand in Berlin erfahren hatte, dass viele Menschen von dem Brandgeruch betroffen waren, habe ich mein Smartphone genommen und auf Twitter geschaut. Und siehe da, dort war von dem Großbrand in Potsdam-Mittelmark die Rede, vom möglichen Ascheregen im Berliner Südosten und von der Empfehlung, die Fenster geschlossen zu halten. Ich bin dieser Empfehlung gefolgt, trotz der milden Nachttemperaturen. Mein Mann hat übrigens nichts bemerkt, sondern ruhig durchgeschlafen. (Katrin Bischoff)
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Den Geruch immer noch in der Nase
Komisch, irgendwie riecht es nach Sauna. Das war mein erster Gedanke. Gegen drei Uhr in der Nacht bin ich von dem Brandgeruch wach geworden. Ein Feuer? Ich musste sofort an die Meldungen denken, die ich Donnerstagabend gelesen hatte. „Waldbrand in Brandenburg – Drei Dörfer müssen evakuiert werden.“ Mein Papa, er lebt in Thüringen, hatte mich am Abend extra noch angerufen, weil er von dem Brand gehört hatte und wusste, dass die evakuierten Dörfer nicht weit von Berlin entfernt sind. Mitten in der Nacht nun also dieser Geruch. Träume ich das jetzt? Ich war mir einfach nicht sicher, ob ich die Nachrichten in meinen Träumen verarbeite oder ob es wirklich so stark nach Lagerfeuer riecht. Kann es denn sein, dass der Rauch bis nach Neukölln-Rixdorf gezogen ist? So richtig habe ich meinen Sinnen um diese Uhrzeit nicht vertraut. Dann hörte ich auch noch Sirenen in der Nähe, was mich nur noch mehr irritierte. Ob es ein Rettungswagen war oder die Feuerwehr kann ich nicht sagen. Es roch so stark nach verbranntem Holz, dass ich den Eindruck hatte, ein Nachbargebäude hat Feuer gefangen. Panik habe ich aber komischerweise keine bekommen, nur leichte Kopfschmerzen. Richtig gut weiter schlafen konnte ich dann nicht mehr. Und irgendwie hängt mir der Geruch noch immer in der Nase. (Dorothea Nitzsche)