Erinnerung an Luftbrücke: Es kommt der Tag, an dem die Rosinenbomber zurückkehren
Schönhagen - Sie gilt als die größte humanitäre Luftoperation aller Zeiten – die Berliner Luftbrücke. Als kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs der Kalte Krieg zwischen Ost und West heraufzog, schloss die Sowjetunion die Grenzen zu West-Berlin und schnitt die 2,2 Millionen-Einwohner-Stadt von der Zufuhr aus dem Umland ab. Die Westalliierten übernahmen dann von Juni 1948 bis September 1949 die Versorgung aus der Luft.
„Genau daran wollen wir erinnern, wenn etwa 40 historische Maschinen von Westdeutschland Richtung Berlin fliegen“, sagt Thomas Keller, der eine große Erinnerungsveranstaltung zum 70. Jubiläum der Luftbrücke organisiert. Die Idee ist, dass zu den Feiern die historischen Maschinen zuerst ab dem 10. Juni 2019 auf den damaligen westdeutschen Start- und Landeplätzen in Wiesbaden, Hamburg und Faßberg für die Bürger zu sehen sein werden, und dann vom 15. bis 19. Juni auf dem Flugplatz bei Schönhagen (Teltow-Fläming), südlich von Berlin.
„Das Ganze soll keine Flugschau werden, keine Militärsache“, sagt Keller. „Mit so vielen Maschinen wird es zum ersten Mal möglich sein, dass die Leute eine Ahnung bekommen, wie es damals war. Das ist wichtig für die jungen Generationen, die es nicht erlebt haben.“ Denn die Luftbrücke sei eine hochprofessionelle technische und organisatorische Meisterleistung gewesen, für die es keine Blaupause gab.
Dritten Weltkrieg verhindert
Keller hat das Projekt gerade in der Technischen Universität Berlin erstmals öffentlich vorgestellt hat. Der 60-jährige Unternehmensberater aus Hamburg ist einer von drei Initiatoren. „Wir waren früher Fallschirmjäger beim Militär“, sagt er. „Fallschirmspringer bleibt man, solange es denn geht, ein Leben lang .“
Die drei Freunde springen oft aus alten US-Maschinen, den DC-3 oder DC-4. „Da interessiert man sich auch für Maschinen und ihre Geschichte.“ Und dann saß Keller mal wieder mit Peter Braun aus Holland und mit Jörg Siebert von der Nordseeinsel Föhr zusammen. „Ich weiß noch das Datum: „Es war der 7. Juni 2016.“ Sie sprachen darüber, dass solche Maschinen bei der Luftbrücke dabei waren und dass bald ein rundes Jubiläum der Hilfsaktion ansteht. „Wir saßen beim Whisky und schon war die Idee geboren.“
Sie recherchierten und fanden heraus, dass es von den 16000 einst produzierten Maschinen weltweit noch etwa 160 gibt. „Inzwischen haben wir von 40 Besitzern eine Zusage, dass sie kommen.“ Es seien auch Maschinen dabei, die damals nach Berlin geflogen sind. Die Rosinenbomber kommen aus Deutschland, aus ganz Europa, Australien, USA, Südafrika. „Wir sind noch an einer Maschine aus Florida dran“, erzählt er. „Die flog bei der Luftbrücke und war gerade wieder bei einer Luftbrücke dabei und brachte Hilfsgüter nach Puerto Rico, wegen des Erdbebens vor sechs Wochen.“
Keller sagt, dieses Jubiläum sei die letzte Möglichkeit, ihre Idee in die Tat umzusetzen. Denn zum einen sind die Maschinen inzwischen so alt, dass sie nur dieses Mal kommen werden. „Und auch die letzten Zeitzeugen sterben irgendwann“, sagt Keller. Deshalb freut er sich, dass sie Gail Halvorsen als Schirmherrn gewinnen konnten. Der war damals als Pilot der US Air Force dabei. Halvorsen ist der Erfinder der Taschentuchfallschirme, mit denen die Alliierten ihre Bonbons über West-Berlin abwarfen – ihre Candys. Das machte sie endgültig zu Helden und die Begriffe Candy-Bomber oder Rosinen-Bomber waren geboren.
Symbol für Frieden
„Der Mann hatte Tränen in den Augen, als wir ihm von unserer Idee erzählt haben“, sagt Keller. „Er ist 97 Jahre alt, aber er will nach Berlin kommen. Er sagt, dass er es schafft, denn er habe einen guten Draht nach ganz oben.“
Für die drei Organisatoren ist eine Sache wichtig: „Die Luftbrücke war keine Militäraktion, die ersten Maschinen waren Zivilmaschinen“, sagt Keller. Bei der Berlin-Blockade hatten die Westmächte drei Optionen: Sie hätten ihre Soldaten abziehen und Berlin aufgeben können, oder sie hätten militärisch Widerstand leisten und den Dritten Weltkrieg riskieren können. „Aber sie entschieden sich für eine intelligente, humanitäre Lösung, die auch schlitzohrig war“, sagt er. „Es wurde für einen großen Konflikt eine friedliche Lösung gefunden. Wir wollen die Luftbrücke als Friedens- und Zukunftsmarke etablieren.“
Die Deutschen sahen die Flieger damals nur am Himmel, da diese auf abgeriegelten Flugplätzen landeten, beim Jubiläum soll jeder in die Maschinen hinein dürfen.
Dass die Rosinenbomber bei der Feier nicht in Berlin landen dürfen, liegt zum einen daran, dass zwei der drei Originallandeplätze – Tempelhof und Gatow – längst stillgelegt sind. „Und in Tegel und Schönefeld ist eine solche Sache bei laufendem Flugbetrieb nicht möglich“, sagt Keller. So fanden sie durch Zufall den Flugplatz Schönhagen. „Der passt gut, ist nahe an Berlin und nahe der Autobahn, und die Leute dort sind spitze“, sagt Keller.
Nun suchen die drei Organisatoren nach Sponsoren, um die ganze Sache zu finanzieren. „Wir benötigen etwa 5 bis 6 Millionen Euro“, sagt er. „Wenn wir genügend Sponsoren finden, dann würden wir bei den Veranstaltungen gern auf Eintritt verzichten.“ Die drei Männer gründen nun einen gemeinnützigen Verein und wollen bald auch Spenden sammeln. „Wenn jeder Berliner ein bisschen mehr als einen Euro geben würde, hätten wir das Geld schnell zusammen.“