Erst die Tram, dann die U-Bahn
Berlin darf sich in Sachen Verkehrspolitik nicht verzetteln. Andere Projekte haben mehr Vorrang als der Bau neuer U-Bahn-Strecken.
Berlin-Neue U-Bahn-Strecken? Ja bitte! Wien, Hamburg und München sind nur drei von vielen Städten, in denen das unterirdische Verkehrsnetz tatkräftig erweitert wird. Nur Berlin wirkt wieder einmal seltsam unentschlossen. Zwar geht im Dezember der Lückenschluss der U5 in Mitte ans Netz, doch über weitere Bauvorhaben dieser Art ist immer noch nicht entschieden worden. In der rot-rot-grünen Koalition dauert der Streit über dieses Thema an. Berlin kommt nicht vom Fleck.

Natürlich darf eine vorausschauende Verkehrsplanung die U-Bahn nicht aussparen. Sie ist leistungsfähig, und sie macht die Straßen frei für Umgestaltungen – nicht nur für Autos, wie Kritiker argwöhnen, auch für Fußgänger und Radfahrer. Ein Berliner Handicap ist, dass sich die bisherigen Ideen für neue Strecken auf wenig dicht besiedelte Bereiche beschränken. Wenn die U9 über die heutige Endstation an der Osloer Straße hinaus nach Pankow fahren würde, hätten mehr Menschen einen Nutzen. Auch die U10, die nach alten Plänen von Steglitz quer durch Berlin nach Weißensee führen sollte, würde das Verkehrsnetz aufwerten.
Doch die Skeptiker haben recht mit ihrer Warnung, dass sich Berlin nicht verzetteln darf. Das bestehende U-Bahn-Netz braucht Milliardeninvestitionen, damit es nicht zusammenbricht, und der beschlossene Ausbau des Straßenbahnnetzes muss endlich an Tempo gewinnen. Es würde die verfahrene Diskussion enorm beruhigen, wenn die BVG und die Senatsverwaltung bei diesen Themen sichtbare Erfolge erringen würden.
Sicher ist es nicht falsch, schon mal ein paar neue U-Bahn-Linien aufs Papier zu zeichnen. Aber was konkrete Projekte anbelangt, haben andere Themen Vorrang.