Europacity in Berlin-Moabit: Hunderte Wohnungen entstehen nördlich des Hauptbahnhofs
Die Entwicklung in der Europacity bekommt eine neue Dynamik. Nachdem bisher im unmittelbaren Umfeld des Berliner Hauptbahnhofs vor allem Hotels und Konzernzentralen entstanden, gibt es jetzt Planungen für ein riesiges Areal westlich der Heidestraße. Hunderte Wohnungen sollen dort entstehen, ein Nahversorgungszentrum mit Geschäften und Bio-Märkten, Stadtplätze mit Restaurants und Cafés sowie 175.000 Quadratmeter Büroflächen. Die Planungen liegen der Berliner Zeitung vor, das Projekt wird erstmals auf der Immobilienmesse Expo Real in der kommenden Woche in München präsentiert.
Thomas Bergander ist der Geschäftsführer der Quartier Heidestraße GmbH. Das Unternehmen hat Ende 2014 etwa drei Viertel des 11,5 Hektar großen Areals zwischen der Heidestraße und den Gleisanlagen zum Hauptbahnhof von der Deutschen Bahn gekauft. Auf dem Gebiet gastierten in den vergangenen Jahren immer wieder große Zirkusse, auch das Deutsch-Amerikanische Volksfest fand dort statt. Auf der 85.000 Quadratmeter großen Fläche entsteht in den nächsten fünf, sechs Jahren ein neues Stadtviertel – das Quartier Heidestraße.
Flanieren auf dem Boulevard
„Wir möchten, dass hier Menschen wohnen, dass sie hier arbeiten und sich in dem Viertel zu Hause fühlen“, sagt Bergander. Er ist verantwortlich für das Projekt und spricht im Namen der Eigentümerfamilie, die nicht in Erscheinung treten will und das riesige Vorhaben finanziert. Die Investitionen werden wohl weit mehr als eine halbe Milliarde Euro betragen, das sind aber lediglich erste Schätzungen.
Die Planungen folgen der Idee des Senats, der sich die 1,2 Kilometer lange Heidestraße künftig als einen Boulevard in der Europacity wünscht, auf dem die Bewohner und Berlin-Besucher flanieren können. So sind in den Erdgeschossen direkt an der Straße Läden vorgesehen, in den fünf Etagen darüber wird es Gewerbe- und Büroflächen geben. Softwarefirmen könnten dort zum Beispiel einziehen, Kanzleien oder Praxen. Sie hätten an der Heidestraße separate Gebäude und eigenständige Adressen in prominenter Lage, so Bergander.
Abgeschirmt vom Straßenverkehr, werden in den hinteren Teilen dieser Baublöcke Wohnungen entstehen. Insgesamt 860 Wohnungen soll es geben. Die Planungen dafür sind aber noch am Anfang, Grundrisse gibt es bislang keine. Die Wohnungen werden zum großen Teil zwei und drei Zimmer haben, es wird aber auch kleinere Ein-Zimmer-Appartements sowie große Vier-Zimmer-Wohnungen für Familien geben – Manche davon in Hochhäusern, die bis zu zehn Etagen hoch gebaut werden. Vorgesehen sind auch 215 geförderte Wohnungen, so ist es mit dem Senat vereinbart. Das heißt, die Kaltmieten werden zwischen 6,50 Euro und 8 Euro pro Quadratmeter liegen.
Herzstück des neuen Stadtquartiers wird ein Nahversorgungszentrum sein, in dem ein großer Supermarkt mit 2 500 Quadratmeter Verkaufsfläche untergebracht wird. Zudem soll es Bäcker, Coffee-Shops und einen Drogeriemarkt geben. Viel Wert legen die Investoren auf Biomärkte, vegane Imbisse und vegane Cafés. „Wir glauben, dass diese Nutzungen für eine gute Quartiersentwicklung immer wichtiger werden“, so Bergander. Die Restaurants und Cafés werden Tische und Stühle auch auf einem kleinen, dreieckigen Platz aufstellen können, der neben dem Einkaufszentrum entsteht. Er könnte so etwas wie der Treffpunkt in dem Kiez werden. „Wir versprechen uns dort eine sehr angenehme Atmosphäre“, sagt Bergander.
Ein Park am Nordhafen
Das Nahversorgungszentrum wird als erster Bauabschnitt errichtet. Die Ausschreibung für einen Architekturwettbewerb wird derzeit mit dem Senat abgestimmt und soll in Kürze veröffentlicht werden. Ende dieses Jahres soll der Wettbewerb entschieden sein. Mit den ersten Erschließungsarbeiten will Bergander im Frühjahr beginnen, Baustart für das Einkaufszentrum ist für Spätsommer 2017 geplant.
Auch ein kleiner Park am Nordhafen wird entstehen, der vom Büro Relais Landschaftsarchitekten angelegt wird. Das Büro hatte schon vor Jahren einen Wettbewerb für die Freiflächen in der Europacity gewonnen. Dazu gehört eine bis zu 30 Meter breite Uferpromenade zwischen Humboldt- und Nordhafen. An dem Hafenbecken sollen auch Holzstege installiert werden.
Um das neue Quartier vom Bahnlärm der Regionalzüge, der ICE und der neuen Strecke für die S-Bahnlinie 21 abzuschirmen, wird unmittelbar neben den Gleisen ein langes Ensemble mit mehreren Bürohäusern entstehen. Sie sind mal sieben Etagen hoch, dann gibt es in regelmäßigen Abständen Hochhäuser mit zwölf Geschossen, eines hat sogar 14 Etagen. „Architektonisch ist dieser 500 Meter lange Bau eine Herausforderung“, sagt Bergander. Wie für das Einkaufszentrum werden für alle Häuser in dem Quartier Architekturwettbewerbe durchgeführt, die bis Ende 2017 abgeschlossen sein sollen. Bergander wünscht sich, dass so die städtebauliche Einheit des Quartiers erkennbar bleibt, die Architekten aber für Vielfalt und Abwechslung sorgen werden.