Evangelische Grundschule Friedrichshain: Berlinerin fliegt grundlos von der Schule

An Privatschulen ist es vergleichsweise einfach, Schüler der Schule zu verweisen. Die Evangelische Schulstiftung etwa kann Verträge, die sie mit Eltern geschlossen hat, ohne Angabe von konkreten Gründen auflösen. Diese Erfahrung musste jetzt eine Familien an der Evangelischen Grundschule Friedrichshain machen.

Es fing damit an, dass die betroffenen Eltern den Eindruck gewannen, ihr Sohn Fritz werde in der ersten Klasse von Mitschülern gemobbt, angeschrien und auch gehauen, ohne dass Lehrer und Erzieher einschreiten würden. Mehrmals haben die Eltern nach eigenen Angaben in Gesprächen mit der Schulleiterin und dem Pädagogenteam auf die Probleme hingewiesen. Doch nichts habe sich getan, sagen sie.

„Wir sahen unseren Sohn nicht mehr hinreichend beschützt“, sagt die Mutter. Deshalb nahmen sie ihn schließlich von der Schule und schickten ihn auf die benachbarte staatliche Grundschule. In der evangelischen Schule, die erst vor wenigen Jahren gegründet wurde und mit 80 Schülern recht klein ist, sorgte das für Gesprächsstoff. Als die Gerüchteküche hochkochte, wollten die Eltern mit einer E-Mail an alle Eltern für Klarheit sorgen. Sie schilderten emotional, wie sie sich bei der Schulleitung um eine Klärung bemüht hatten und benannten obendrein zwei Schüler als mutmaßliche Aggressoren.

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Die Schulleiterin reagierte darauf, zog die Darstellung der Eltern öffentlich in Zweifel und kündigte an, nun auch den Schulvertrag mit Fritz’ älterer Schwester Frieda zu kündigen, die die 3. Klasse der Grundschule besuchte. Dabei hatte es mit der guten Schülerin noch nie Probleme gegeben.

Schnell kam das offizielle Kündigungsschreiben, unterzeichnet von Frank Ohlie, dem Leiter der Evangelischen Schulstiftung Berlin-Brandenburg. Grund dafür sei, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern von Fritz und Frieda nicht mehr gegeben sei. Ähnlich äußerte sich auch die Schulleiterin im Gespräch mit der Berliner Zeitung. Die Eltern hätten den Schulfrieden gestört, sagte sie.

Die Eltern wiederum fühlten sich wie vor den Kopf gestoßen. „Das ist absolut unpädagogisch, unsere Tochter hatte mit dem Konflikt um unseren Sohn nichts zu tun“, sagt der Vater. Die Schule vermittle ein christliches Menschenbild, doch hier tue sie das Gegenteil. „Sie schließt ein Mitglied plötzlich und aus nicht nachvollziehbaren Gründen aus der Gemeinschaft aus“, sagt die Mutter.

Abmeldungen aus Protest

Andere Eltern sehen das offenbar ähnlich. Mehrere Kinder wurden inzwischen aus Protest ebenfalls von der Schule abgemeldet. „Das so etwas gerade an einer evangelischen Schule passiert, hat mich sehr enttäuscht“, sagt eine dieser Mütter. Die Schulleiterin führte noch eine Diskussionsveranstaltung zu Gewalt an Schulen durch, eine Moderatorin wurde eigens hinzugezogen. Doch konkrete Elternfragen blieben unbeantwortet.

An staatlichen Schulen müsste ein Schüler etwa gewalttätig werden, um am Ende eines langen Klärungsprozesses mit Klassen- und Schulkonferenzen der Schule verwiesen zu werden. An freien Schulen hingegen haben Eltern und Schüler kaum verbriefte Rechte, es kann ohne konkrete Angaben von Gründen gekündigt werden. „Und zwar jeweils zum Ende des Schulhalbjahres“, bestätigt Iris Stegmann, Sprecherin der Evangelischen Schulstiftung. So könnten lange Rechtsstreitigkeiten vermieden werden. Der mögliche Nebeneffekt: Eltern, die Kritik üben, können besser diszipliniert werden.