Ukrainische Fahnen: verboten, sowjetische und russische: geduldet

Flaggenverbote sollten die Stadt an den Gedenktagen 8./9. Mai befrieden. Doch die Polizei ließ viel zu oft „Spielraum“. Einseitig. Das ist ein Problem.

Sowjetische Fahne am Ehrenmal in Treptow - eigentlich war sie verboten.
Sowjetische Fahne am Ehrenmal in Treptow - eigentlich war sie verboten.Berliner Zeitung/Paulus Ponizak

Ein Bild ging am Sonntag, den 8. Mai, von Berlin aus um die Welt: Eine große Fahne der Ukraine wird eingerollt. Am Ehrenmal in Tiergarten, wo dem Ende des Zweiten Weltkriegs gedacht wurde, den Befreiern der Stadt gedankt, unter ihnen waren Tausende Ukrainer. Und nun wurde ihre Fahne beseitigt?

Am Montag, den 9. Mai, gab es Bilder aus Berlin, auf denen große russische und sowjetische Fahnen wehten, am Brandenburger Tor, am Ehrenmal im Treptower Park. Dort feierten Menschen mit Vorfahren aus der Sowjetunion den Tag des Sieges. Es feierten vor allem diejenigen, die sich mit dem Russland von heute identifizieren. Ihre Fahnen durften wehen?

Bilder erzählen nie eine vollständige Geschichte. Die Berliner Polizei hatte Fahnen Russlands, der Ukraine, der Sowjetunion an sämtlichen Ehrenmälern der Stadt an beiden Tagen verboten. Und Ausnahmen für Veranstaltungen zugelassen. So wehten Fahnen und wurden wieder eingeholt. Man wolle mit diesen Verboten die Stadt befrieden, so hatte es Franziska Giffey vorher formuliert. Das zumindest, so sieht es am Montagnachmittag aus, ist offenbar gelungen.

Alles wunderbar also? Leider nicht. Berlin hat an beiden Gedenktagen immer wieder den Eindruck erweckt, dass vor allem einer Seite gegenüber Strenge gezeigt werden müsse, um die Ruhe zu sichern.

Menschen, die blau-gelb gekleidet zu Ehrenmälern kamen, wurden weggeschickt. Ukraine-Farben: nicht erlaubt! Menschen, die Sowjet-Shirts trugen, schauten zu und freuten sich. Russland-T-Shirts waren am Sonntag und Montag oft zu sehen. Auch die verbotenen orange-schwarzen St.-Georgs-Bändchen blitzten immer wieder an Handgelenken auf. Längst sind sie wie das Z-Symbol ein Zeichen für die Unterstützung des russischen Angriffs auf die Ukraine. Russische Militärlieder wurden im Treptower Park gespielt und gesungen.

Man wolle Menschen etwas „Spielraum“ lassen, wurde die Milde von Polizisten begründet. Die friedliche Stimmung sollte ja bewahrt werden. Eine Gruppe, von der man gerade selten hört, erhielt diesen Spielraum allerdings nicht: Sie kam mit dem Plakat „Russians against war“ („Russen gegen den Krieg“) an das Ehrenmal im Tiergarten. Ihr Plakat wurde beschlagnahmt.

Die Ruhe war gesichert – und der aktuelle Krieg Russlands erfolgreich aus diesem Tag verdrängt. Danke, Berlin.