Fahrradstadt Berlin: Das Parksystem der Zukunft

In Berlin gibt es Doppelstockbusse, Doppelstockzüge – und in Zukunft vielleicht auch doppelstöckige Fahrradparkplätze auf öffentlichen Straßen. Weil die Stellflächen vielerorts nicht mehr reichen, suchen Senat und Bezirke nach Möglichkeiten, den Parkraum für Zweiräder besser auszunutzen.

„Doppelstocksysteme könnten zur Bewältigung des Problems einen Beitrag leisten“, sagte Verkehrs-Staatssekretär Christian Gaebler (SPD), der ein solches System am Dienstag ausprobierte. Einsatzmöglichkeiten sollen nun geprüft werden. Bald beginnen auch die Arbeiten am „Masterplan Fahrradparken“. Das Strategiepapier des Senats soll in einem Jahr fertig sein. Doch alle Parkprobleme werden sich nicht lösen lassen.

Ob am Alexanderplatz, am Zoo oder am Hauptbahnhof – häufig ist es so: Alle Fahrradparkplätze sind voll, viele Räder stehen oder liegen kreuz und quer auf Gehwegen oder an Geländern. Das nervt Radfahrer und Fußgänger gleichermaßen.

Dabei hat der Senat schon viel Geld ausgegeben. „Derzeit gibt es an Bahnhöfen und Haltestellen in Berlin rund 28.000 Parkplätze für Fahrräder“, sagte Gaeblers Sprecherin Daniela Augenstein. Vorgesehen ist, dass dort jedes Jahr Parkraum für weitere 1100 Zweiräder entsteht.

Mit dem kleinen Finger

Doch die Planer haben den Eindruck, dass sie den Wettlauf mit der Nachfrage nicht gewinnen können. Auf der einen Seite sind immer mehr Menschen per Rad unterwegs, auf der anderen Seite lassen die Neubauten immer weniger Platz.

Ein Hersteller, die Orion Stadtmöblierung aus Neustadt in Sachsen, durfte am Dienstag ein Doppelstocksystem vor der Senatsverwaltung aufbauen. „Sehen Sie, das lässt sich mit dem kleinen Finger bedienen“, warb Prokurist Thorsten Dambier. Wer sein Rad in die obere Etage hieven oder dort abholen will, muss aber als Anfänger etwas Kraft und Geschicklichkeit aufbringen. Eine Schiene auf Rollen muss herausgezogen und schräg gestellt werden. Auch Detlef Wendtland vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Berlin, eine weitere Testperson, kam nicht auf Anhieb zurecht.

Fahrradparkhaus am Ostkreuz

„Für Radfahrer, die ihr Fahrzeug nur mal kurz abstellen wollen, um einzukaufen, ist das nichts“, sagte Wendtland. Auch bei Fahrrädern mit Kindersitz oder Korb könnte es Probleme geben. Für Fahrräder, die längere Zeit parken sollen, wäre das Etagensystem dagegen geeignet.

In Berlin stehen die Stahlkonstruktionen von Orion schon in einem Wohnhaus an der Bernauer Straße, sagte Dambier, der nichts zu Preisen sagen wollte. Im neuen Bundesbildungsministerium am Kapelle-Ufer in Mitte parken Fahrräder ebenfalls doppelstöckig. Eine öffentliche Nutzung gibt es in dieser Region derzeit nur am Bahnhof Bernau: im Fahrradparkhaus der Stadt.

Im Südwesten Berlins, am U-Bahnhof Krumme Lanke, ist nun als Pilotprojekt eine Doppelstockanlage für 24 Elektrofahrräder geplant.„Vielleicht ließen sich solche Abstellanlagen auch am Ostkreuz einrichten“, sagte Burkhard Horn, der die Verkehrsabteilung der Senatsverwaltung leitet. Dort sei der Parkdruck hoch. Das gelte auch für den S-Bahnhof Warschauer Straße, wo sich Bahn und Senat allerdings bisher nicht auf eine stationsnahe Lösung einigen konnten. „Wir müssen im Umfeld nach Platz suchen. Allerdings gehen Berliner Radfahrer nicht gern Umwege“, sagte Horn.

Das Ostkreuz ist im Senat auch als Standort für ein Fahrradparkhaus im Gespräch. Seit Jahren gibt es Ideen, in Berlin ein solches Gebäude einzurichten. Ein konkretes Projekt ist aber bis heute nicht in Sicht. Ein Standort sei nicht leicht zu finden, hieß es. Anders als in Bernau konzentrierten sich die Verkehrsströme nicht auf einen Bahnhof, zum anderen wurde noch kein Betreiber und kein Finanzkonzept gefunden. „Ein solches Parkhaus ist immer ein Zuschussgeschäft“, sagte der oberste Berliner Verkehrsplaner. „Aber wir geben den Plan nicht auf.“