Fahrradstaffel der Berliner Polizei: Mit dem Trekkingrad auf Streife
Berlin - Was ihn am meisten nervt? Sascha Ziegler muss nicht lange nachdenken. „Die Rücksichtslosigkeit einzelner Berliner Fahrradfahrer“, sagt der 45-Jährige. Wenn er sieht, wie manche von ihnen auf Gehwegen Fußgänger erschrecken oder auf Radwegen in die falsche Richtung fahren und dadurch Frontalzusammenstöße riskieren, geht ihm das gegen den Strich. Doch als Polizeihauptkommissar hat er die Macht, dagegen vorzugehen. Ziegler leitet die Fahrradstaffel der Berliner Polizei, die am Mittwoch in Mitte ihren ersten Dienst antrat.
„Polizei“ steht auf den 20 weißen Elf-Gang-Trekkingrädern und den beiden Pedelecs, die der Einheit zur Verfügung stehen. „Polizei“ prangt auch auf den hellgrauen Helmen, die von den 15 Polizisten und fünf Polizistinnen zu tragen sind. Die Kleidung in Blau und Grellgrün ist ebenfalls unmissverständlich gekennzeichnet. Die Rad fahrenden Polizisten im Alter zwischen 30 und 51 Jahren sind von Weitem zu erkennen – und das ist auch so geplant.
Denn sie sollen nicht nur dafür sorgen, dass der Fahrradverkehr sicherer wird, mit ihnen will die Berliner Polizei zudem mehr Präsenz im Stadtbild zeigen. „Es geht um eine bessere Kommunikation mit den Bürgern“, sagte Verkehrs-Staatssekretär Christian Gaebler (SPD).
60 Polizisten hatten sich beworben. „Wir suchten Menschen, die nicht nur gern Rad fahren, sondern auch gern aktiv Kontakt aufnehmen“, sagte Polizeipräsident Klaus Kandt. Diese Fähigkeit ist auch nötig, denn auf die Mitglieder der Staffel kommt jede Menge Arbeit mit anderen Menschen zu: nicht nur mit Radlern, die sich nicht an Regeln halten, sondern auch mit Autofahrern, die zu dicht überholen oder beim Abbiegen nicht aufpassen.
Die Schusswaffe ist immer dabei
„Es geht um beides: Prävention und Repression“, sagte Innen-Staatssekretär Bernd Krömer (CDU). Wie andere Polizisten haben auch Sascha Ziegler und seine Kollegen Pistolen und Handfesseln dabei, falls jemand renitent werden sollte. In Zieglers Tasche auf dem Gepäckträger befindet sich außer einer Stullendose auch ein Knöllchenblock. „Wir haben aber darauf verzichtet, Blaulicht auf die Helme zu montieren“, scherzte der Polizeipräsident. Keine Frage: Das wäre albern.
Doch die Radfahrer in Dienstkleidung sind darauf vorbereitet, davon eilenden Radlern nachzufahren, wenn das sicher möglich ist. Ziegler ist nicht das einzige Mitglied der Fahrradstaffel, das gut trainiert ist und fast täglich in die Pedale tritt.
„Zwei Drittel der Kollegen tun das“, erzählt er. „Früher bin ich von Charlottenburg nach Hohenschönhausen mit dem Rad zum Dienst gefahren, jetzt fahre ich täglich nach Tiergarten.“ Im Haus Alt-Moabit 5 gegenüber vom Hauptbahnhof hat die neue Staffel ihren Einsatzraum.
Von dort aus bricht sie in ihr Einsatzgebiet auf – die östliche Innenstadt zwischen Tiergarten, Regierungsviertel und Alexanderplatz. Dort gibt es viele Radfahrer und viele Unfälle. Von 7 bis 14 und 13 bis 20 Uhr ist je eine Doppelstreife unterwegs, die anderen Polizisten unterstützen sie oder schwärmen zu größeren Kontrollen aus. Gefahren wird an allen Wochentagen und bei jedem Wetter, nur nicht bei Glatteis.
„Wir sind froh, dass wir uns in dieser Form auf die Straße begeben und den Radfahrern auf Augenhöhe begegnen können“, so der Staffelchef. Fahrradkontrollen zu Fuß sind bei Polizisten sehr unbeliebt. Viele Radfahrer rasen einfach davon, wenn sie sich verantworten sollen. Hinterherlaufen sieht nicht nur uncool aus, es bringt auch oft nichts.
Schon 2013 hatte Polizeipräsident Kandt den Auftrag gegeben, eine Fahrradstaffel einzurichten. Doch dienstrechtliche Probleme waren zu lösen, die entscheidende Vereinbarung mit der Personalvertretung kam erst Montag unter Dach und Fach. Noch gravierender war der Geldmangel der Polizei.
Dienstzweiräder verstauben
„Allein hätten wir es nie geschafft“, gab Kandt zu. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gab 35.000 Euro. Genauso viel steuerte die Unfallforschung der Versicherer bei, die das Projekt wissenschaftlich begleitet. Anhand ihrer Daten soll 2016 entschieden werden, ob es weitergeht. Kleidung und Helme kosteten 39 000 Euro, die Fahrräder der Marken Hartje und Stevens 33 000 Euro.
Es sind allerdings nicht die ersten Zweiräder der Berliner Polizei. Sie hat bereits mehr Dienstfahrräder (rund 450) als Einsatzwagen auf den Abschnitten. Doch das Sammelsurium ist „kunterbunt“, sagte Kandt, und es werde meist nur sporadisch genutzt. Ein Konzept für diese Räder gibt es jedenfalls nicht.
Sascha Ziegler und seine Kollegen freuen sich, dass die „FaSta“ nun den Dienst aufnehmen konnte. „Wir haben lange darauf gewartet.“