Fall Claus-Brunner: Stalking-Anzeige blieb bei Behörden liegen

Berlin - Der Piratenpolitiker Gerwald Claus-Brunner hat dem von ihm getöteten Mann offenbar massiv nachgestellt. Er belästigte den 29-jährigen Jan Mirko L. über WhatsApp, Telefon und Internet. Sogar ein falsches Facebook-Profil von L. legte er im Juni an. Wie ein Polizeisprecher am Freitag bestätigte, zeigte L. den Politiker am 27. Juni deshalb beim Neuköllner Polizeiabschnitt 52 wegen Stalkings an.

Doch die Behörden behandelten den Fall offenbar so, wie die meisten der 232.400 Fälle von Nachstellung, die von 852 Opfern im vergangenen Jahr in Berlin angezeigt wurden: Die Bearbeitung der Anzeige übernahm die für Wedding zuständige Direktion 3, wo L. wohnte.

Erst drei Wochen nach der Anzeige sandte sie ihm einen Fragebogen zu, wie der Polizeisprecher einräumte. Auf diesen habe L. bis zum 18. August nicht geantwortet. Die Amtsanwaltschaft übernahm dann das Verfahren und hätte es an die Staatsanwaltschaft abgeben müssen, weil mit Claus-Brunner als Abgeordneter eine Person mit Immunität betroffen war. Das geschah aber nicht.

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Groschenroman und Lottoschein

Inzwischen schritt der 44-jährige Claus-Brunner, der sich später per Stromschlag selbst richtete, offenbar zur Tat. Laut Bild-Zeitung kaufte er in einem Kiosk nahe seiner Wohnung einen Groschenroman und einen Lottoschein. Dann lief er mit einer Sackkarre, auf der eine große schwarze Kiste lag, zum S-Bahnhof Feuerbachstraße – wohl, um nach Wedding zu Jan Mirko L. zu fahren. Den Ermittlungen zufolge suchte er ihn in dessen Wohnung in Wedding auf und tötete ihn.

Wie ein Nachbar aus dem Wohnhaus dieser Zeitung schilderte, transportierte Claus-Brunner auf der Sackkarre dann eine schwarze Kiste durchs Treppenhaus und den Hof. In dieser war offensichtlich die Leiche, die der Politiker per S-Bahn nach Hause schaffte.