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Schwarz, was sonst? Na, nix. Kantige, asymmetrische Jacken, der Kragen einseitig hochgestellt, wehende Seidencrêpe-Hemden zu engen Hosen im Materialmix von Leder und Trikot, korrelierende Stoffe von matter und glatter Textur, schwere Wollstoffe und zartbesaitete Karottenhosen: Kommt einem bekannt vor, oder? Aleks Kurkowski steckt Männer und Frauen in jenen monochromen Look, dem Designer hier so gern verfallen – leider schon zu lange, um noch nouveau zu sein. Andererseits: Nur in Schwarz kann ein Mantel wie ein kantiger Monolith aus einem Bauhaus-Meisterhaus wirken.
„Take me home“ heißt die Winterkollektion der Mainzer Designerin Anja Gockel. In turbulenten Zeiten soll diese Geborgenheit geben, was durch stofftierhafte Materialien erreicht wird: Flauschige Felle kommen an Kurzmänteln, als Schal oder in Form von Pulswärmern zum Einsatz. Fällt keine Verarbeitungsform mehr ein, dann baumeln sie einfach auch mal so an einer Handtasche. Wie auch schon in der Vergangenheit meint es die Designerin mit dem Muster- und Farbmix oft zu gut, ebenso mit dem Einsatz von zwiespältigen Verzierungen wie Pailletten. Das wirkt schnell etwas billig. Die weibliche Silhouette betonen allerdings, kann Anja Gockel: Knallenge Lederröhren, Etuikleider und Bleistiftröcke schmeicheln der Figur. Schwarz dominiert auch hier, Akzente setzen knalliges Orange, Türkis und Maisgelb.
Burgunder und Tannengrün, Rehbraun und Marineblau: Das sind nicht gerade delirierend fröhliche Farben, und da Lena Hoschek auf diese Töne setzt, gern auch in Kombination, ist die Stimmung bei ihrer Show gedämpfter als sonst, der Funke will nicht überspringen. Hoschek bleibt dem Fifties-Flair treu – und ihrer eigenen Linie damit vielleicht allzu sehr. Sie zeigt durchgeknöpfte Kleider mit schwingendem Rock und fein drapierte Etui-Silhouetten, Kostümjacken mit Schalkragen und Schluppenblusen mit dynamisch gekritzelten Blumenmustern. Dazu kommen Tüllröcke und Spitze in Mitternachtsblau und einige Carmen-Rüschen an schmalen Modelhüften. Alles fabelhaft schmeichelnd im Schnitt und rasant für die Figur, aber als ein Song vom Blue-Note-Label gespielt wird, denkt man sich: Etwas mehr verrauchter Jazz-Club würde diesem Lady-Chic gut tun.
Wie gut Design aus Franken nach Berlin passen kann, zeigte Eva Lutz für Minx bei ihrer Schau im Zelt am Brandenburger Tor: mit fließenden Stoffen und Schnitten, als drapierte Ponchos, Blusen und Kleider, mit unaufgeregten Farbtönen und -kombinationen wie Lachsrosa und Sand zu Hellgrau und Rostrot. Eine skandinavisch angehauchte, mühelose Eleganz war das, die nur, wenn sie allzu klassisch daherkam – etwa als tailliertes Kleines Schwarzes – langweilig zu werden drohte. Einzelnes wie ein Fell-Leder-Patchwork als Oberteil oder metallischer Goldstoff als prinzessinnenhaftes Abendkleid lotete Geschmacksgrenzen aus. Geschenkt, ob der sportlichen Tragbarkeit der meisten Stücke.
Schwarz, Schwarz und noch mal Schwarz. Es erhärtet sich der Eindruck, die Nicht-Farbe sei das einzig veritable Modeversprechen an den nächsten Winter. Bobby Kolade bewies in der Halle am Berghain das Gegenteil mit viel Blau, Rot, Weiß, dazu Schimmer und Glitzer. Dieser Mantel, der die Frau zu einem wandelnden Mondrian macht, oder die entzückend um die Hüfte schwingenden Patchwork-Faltenröckchen aus unendlich vielen Stoffbahnen sahen nicht aus wie die Entwürfe eines Berliner Newcomers, vielmehr wie die eines Pariser Profis. Große Klasse!
Der Esmod-Absolvent Timm Süssbrich hat sein Label Barre Noire bisher unter dem Slogan „Revolutionierung des Businesslooks“ platzieren können. Bürotauglich im Sinne der erwartbaren Anzug- und Kostümkombinationen war allerdings in dieser Saison keiner der Looks, die in der Stage gezeigt wurden – im ganz positiven Sinne. Zu laut waren die an Urwalddickicht erinnernden Prints trotz gedeckter Gold-, Grün- und Blautöne; zu ungewöhnlich das metallisch schimmernde, weich wie Jersey fallende Leder, das zu weiten Faltenhosen und -röcken geschnitten war. Allenfalls die hochgeschlossenen Krägen der Hemden drückten noch eine gewisse geschäftige Ernsthaftigkeit aus, waren dabei aber derart cool mit Reißverschlüssen und Lederapplikationen verziert, dass sie viel zu schade wären fürs schnöde Büro.
Da wurde es tatsächlich mal politisch auf der in dieser Hinsicht sonst eher stillen Berliner Modewoche. Am Ende ihrer Schau ließ Rebecca Ruétz dem Model-Defilee einen Stuhl vorantragen, an dem ein Schild prangte: Only Fake Fur. Alles echt unecht also. Ein sinnvoller Hinweis bei der Menge felliger Viecher, die es für die bodenlangen Pelzmäntel, voluminösen Pelzpullis und -kleider der Kollektion gebraucht hätte. Auf dem Stuhl nahm die Designerin Platz und ließ sich beklatschen, zurecht für dieses Statement.