Film „Kon-Tiki“: Ein Floß wird kommen

Berlin - Menschen, die jede gängige Lehrmeinung für plausibel halten und nicht weiter hinterfragen, leben wahrscheinlich bequemer. Die anderen bringen die Wissenschaft und die Menschheit weiter, treiben dafür aber weit unter dem Komfortniveau einer Busreise über den Pazifik und ernähren sich dabei von fliegenden Fischen. So jedenfalls ging es dem Norweger Thor Heyerdahl, der mit seinem Floß Kon-Tiki bewies, dass die Besiedlung Polynesiens von Südamerika aus möglich war.

Sein Erlebnisbericht von dieser Expedition im Jahr 1947 hieß wie das Floß „Kon-Tiki“, wurde in 70 Sprachen übersetzt, über 50 Millionen Mal verkauft und löste in Ostdeutschland eine heldische Verehrung für Heyerdahl aus. Gut möglich, dass „Kon-Tiki“ – der Film, der wie Floß und Buch heißt – in den ostdeutschen Kinos extra gut laufen wird.

Die Deutschlandpremiere sollte am Mittwochabend jedenfalls im International an der Karl-Marx-Allee gefeiert werden.

Als Ehrengäste hatten sich dazu Thor Heyerdahl jr. und Olav Heyerdahl, Sohn und Enkel des 2002 verstorbenen Abenteurers, angekündigt. Ihr Vorfahr, der mit elf Ehrendoktortiteln ausgezeichnete berühmteste Norweger aller Zeiten, hatte einen goldigen Humor. Der sich auch darin ausdrückte, wie er begründete, warum er als 17-Jähriger niemals auf den Gedanken gekommen wäre, mal auf einem Floß über den Pazifik zu segeln: „Zu dieser Zeit war ich wasserscheu.“

Im Februar war der Film „Kon-Tiki“ der Regisseure Joachim Ronning und Espen Sandberg für den Oscar als bester nicht-englischsprachiger Film nominiert. Der Spielfilm ist das aufwendigste skandinavische Kinoprojekt aller Zeiten. Neben der deutschen Produktionsfirma war Nordisk Film beteiligt, von der die legendären Olsenbanden-Filme stammen.

Wer das echte Floß aus der Nähe begutachten will, der hat dazu im Kon-Tiki-Museum in Oslo Gelegenheit. Allerdings erst wieder ab Anfang Mai, derzeit ist wegen Renovierung und Erweiterung geschlossen.

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Ein Lieblingsfilm sagt viel über den Filmliebhaber. Deshalb bittet die Deutsche Filmakademie regelmäßig Gäste zur Veranstaltung „Mein Film“, zu deren jüngster Ausgabe am Mittwochabend in die Astor Film Lounge geladen war. Jürgen Flimm, Intendant der Staatsoper, wollte bei dieser Gelegenheit mit den Gästen zusammen noch mal seinen bevorzugten Film „Jules et Jim“ von François Truffaut anschauen und sich dann darüber mit Martina Gedeck unterhalten.

Flimm begründet seine Begeisterung für den Nouvelle-Vague-Klassiker mit Jeanne Moreau, Oskar Werner und Henri Serre, dessen Handlung am Vorabend des Ersten Weltkrieges in Paris beginnt, so: „Das ist ein meisterhafter Film darüber, wie schnell Blütenträume verwelken, über den Verlust der Jugend, mit meisterhaften Schauspielern.“ Vor dem Opernintendanten waren Peer Steinbrück und Margot Käßmann Gäste dieser Veranstaltungsreihe.