Flüchtlingsunterkunft: Westend heißt Flüchtlinge doch noch willkommen

Am Ende des Abends hielt Suada Dolovac einen Fächer kleiner, bunter Kärtchen in der Hand und strahlte: Visitenkarten von Kirchengemeinden, Sprachschulen, dem Bezirkselternausschuss-Kita, aber auch von Privatleuten, die mitmachen wollen. Mitmachen bei der Angeboten für bis zu 230 Flüchtlinge aus aller Welt, die in den nächsten Wochen in einem Verwaltungsgebäude in der Soorstraße im Charlottenburger Ortsteil Westend unterkommen sollen: unentgeltlich Sprachkurse geben, Kinder betreuen, zu Festen in der Kleingartenkolonie oder im Fußballverein einladen, sich einfach blicken lassen, um den neuen Nachbarn zu zeigen: Ihr seid nicht allein. Solche Sachen.

„Diese Reaktion ist großartig“, sagte Suada Dolovac, Chefin der Flüchtlingsunterkunft, in der bereits 60 Menschen vor allem aus Afghanistan und Syrien leben. Spontan wurde vereinbart, dass sich die Mitarbeiter und die Helfer monatlich in der Unterkunft treffen.

Dabei war es am Anfang durchaus nicht absehbar, dass der Abend für Suada Dolovac so angenehm enden würde. Rund 250 Menschen waren am Mittwoch in die Soorstraße 83 gekommen. In den Wochen zuvor hatte es Unterschriftenlisten gegen die Unterkunft gegeben. Anwohner fürchteten um ihre Ruhe, den sauberen Kiez, den Erholungswert ihrer Vorgärten, ja den Gesamtwert ihrer Grundstücke.

Entsprechend hitzig war zunächst die Stimmung im überfüllten Saal. Man sei mit der Einrichtung vor vollendete Tatsachen gestellt worden, monierte ein Mann. Er sprach Sozialstadtrat Carsten Engelmann (CDU), der die Informationsveranstaltung initiiert hatte, direkt an. Er sei „alter CDU-Wähler. Aber jetzt werde ich Ihre Partei nicht mehr wählen.“ Ein anderer sprach von einem Skandal und wetterte über „die Politiker“, die „es richtig versaut“ hätten. Eine Frau sagte, sie akzeptiere Kriegs-, aber keine Wirtschaftsflüchtlinge. Und schon gar nicht in Westend. Wo diese denn hinsollten? „Na nach Zehlendorf, wo die ganzen Politiker wohnen.“

Tatsächlich betreibt der Träger, der die Soorstraße führt, eine ähnliche Unterkunft in der Klingsorstraße in Steglitz-Zehlendorf. „Dort haben es viele Nachbarn nicht einmal bemerkt, so ruhig ist es“, sagte Claudia Schütz vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) – in Berlin auch zuständig für die Unterbringung von Flüchtlingen.

Es waren auch solche Äußerungen, die am Ende die Wogen glätteten.