Flughafen Berlin Brandenburg: Ausschuss untersucht BER-Krise

Berlin - Nach den scharfen Attacken gegen Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) beschäftigt sich der Parlamentarische Untersuchungsausschuss an diesem Freitag mit der Aufarbeitung der Flughafenkrise. Im Abgeordnetenhaus sollen die ersten drei Zeugen befragt werden.

Wowereit selbst muss sich an diesem Samstag im Abgeordnetenhaus dem Misstrauensantrag der Opposition stellen. Außerdem droht auch noch Ärger aus Brüssel wegen der Flugrouten. Der Vorwurf: Die Planer hätten die Folgen neuer Flugrouten für Natur und Umwelt nicht geprüft.

Das Umweltressort der EU-Kommission empfiehlt, wegen Verletzung europäischen Rechts gegen Deutschland vorzugehen. Dies geht aus einem internen Vermerk der EU-Kommission hervor, der der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag vorlag. Bürger hatten wiederholt gegen die geplanten Flugrouten protestiert.

Regierungschef Wowereit betonte am Donnerstagabend in der rbb-Abendschau, die Kritik aus Brüssel richte sich gegen Bundesbehörden, nicht gegen die Flughafengesellschaft. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung hatte die Flugrouten festgelegt.

Die erneute Absage des Eröffnungstermins für den Hauptstadtflughafen löste zudem eine Debatte über die Zusammensetzung des Flughafen-Aufsichtsrats aus. Nun zeichnet sich eine Stärkung durch externe Fachleute ab. Aufsichtsratschef dürfte nun aber Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) werden.

Die Berliner Abgeordneten kommen an diesem Samstag zu einer Sondersitzung zusammen. Dann stimmen sie namentlich darüber ab, ob sie Regierungschef Wowereit das Vertrauen entziehen. Er habe der Stadt schweren Schaden zugefügt, übernehme aber nicht die politische Verantwortung, kritisiert die Opposition. „Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit kann seinen Verfassungsauftrag - zum Wohle der Stadt zu wirken - nicht mehr dadurch erfüllen, dass er im Amt bleibt. Berlin braucht einen Neuanfang.“

Fluglärmgegner demonstrieren vor Abgeordnetenhaus

Der Misstrauensantrag ist nach Artikel 57 der Landesverfassung erfolgreich, wenn die Mehrheit der gewählten Abgeordneten ihm zustimmt. Das sind derzeit 75 Stimmen. Die Opposition aus Grünen, Linken und Piraten verfügt über 63 Stimmen. Die Regierungsfraktionen SPD und CDU stellen 85 Abgeordnete.

Nach dem politischen Schlagabtausch zuvor wird ohne Debatte abgestimmt. Die Abgeordneten werfen ihre namentlich gekennzeichneten Stimmzettel in Urnen. Die Auszählung dauert rund 20 Minuten, bevor das Ergebnis verkündet wird.

Anlässlich des Misstrauensantrags wollen auch die Fluglärmgegner am Samstagmorgen um 9 Uhr vor dem Berliner Abgeordnetenhaus demonstrieren, teilte die Friedrichshagener Bürgerinitiative am Freitag mit. Geplant sei auch eine Demonstration am Montag vor dem Brandenburger Landtag - dort will Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) die Vertrauensfrage stellen. Auch die Aufsichtsratssitzung der Berliner Flughafengesellschaft am Mittwoch soll von Protesten begleitet werden.

Zeitung: Trotz Flughafen-Desaster Vertrauen in Wowereit

Sollte Wowereit am Wochenende wider Erwarten abgewählt werden, müsste er sofort zurücktreten. Dann endet automatisch auch die Amtszeit der Senatoren. Bis zu einer Neuwahl eines Regierenden Bürgermeisters sind alle verpflichtet, ihre Amtsgeschäfte fortzuführen. Für eine Neuwahl hat das Parlament 21 Tage Zeit.

Wowereit ist selbst durch das bisher einzige und erfolgreiche Misstrauensvotum an die Macht gekommen. Am 16. Juni 2001 wurde dem damaligen CDU-Regierungschef Eberhard Diepgen das Vertrauen entzogen. Die bis dahin mit der CDU regierende SPD hatte die Koalition nach der CDU-Parteispenden- und Bankenaffäre platzen lassen und sich mit Grünen und der damaligen PDS verbündet.

Trotz der BER-Krise wünscht die Mehrheit der Berliner offenbar keinen Rücktritt Wowereits. Dies ergebe jedenfalls eine repräsentative Umfrage des Forsa-Instituts, berichtete die „B.Z.“ (Freitag).

Nur 37 Prozent der Befragten forderten demnach seinen Rücktritt als Regierender Bürgermeister. 61 Prozent fänden es dagegen ausreichend, dass Wowereit den Vorsitz im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft abgegeben hat. Am Samstag entscheidet das Berliner Abgeordnetenhaus über einen Misstrauensantrag gegen Wowereit. (BLZ/dpa)