Flughafen in Finanznot: Der BER braucht mehr Geld. Aber wie viel?

Berlin - In der Debatte über den Hauptstadtflughafen BER den Überblick zu behalten, ist so gut wie unmöglich. Fast täglich meldet sich einer der Beteiligten zu Wort und stiftet neue Verwirrung. Diesmal war es Werner Gatzer, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und Mitglied im Flughafen-Aufsichtsrat.

Nach Gatzers Worten soll die Kapitalerhöhung, mit der Berlin, Brandenburg und der Bund, also die Gesellschafter des BER, einen Teil der entstandenen Mehrkosten finanzieren wollen, rund eine halbe Milliarde Euro betragen. Damit soll vor allem der verbesserte Lärmschutz für die Anwohner bezahlt werden. Vorgesehen sei außerdem ein Darlehen, das die Gesellschafter der Flughafenhafengesellschafter FBB gewähren und dessen Volumen noch deutlich höher ausfallen könne, sagte Gatzer der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Alles hängt vom Eröffnungstermin ab

Er erweckte damit den Eindruck, als sei das BER-Finanzkonzept im Detail fertig und quasi beschlossen. Dem widersprach sogleich das Bundesverkehrsministerium. Das Konzept werde erst auf der nächsten Aufsichtsratssitzung am 14. September geklärt, sagte eine Sprecherin von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Die Berliner Senatskanzlei bestätigte das. Seit der jüngsten Aufsichtsratssitzung habe sich nichts geändert. Die Finanzlücke – im Gespräch sind bisher fast 1,2 Milliarden Euro – soll durch mehr Eigenkapital, Gesellschafterdarlehen und Überbrückungskrediten geschlossen werden.

Details und Höhe der Finanzspritze hängen davon ab, wann der neue Flughafen an den Start geht. Bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung soll der neue Technik-Chef Horst Amann verbindlich sagen, ob der 17. März 2013 gehalten werden kann oder die Eröffnung ein weiteres Mal verschoben werden muss. Jeder Monat Verspätung kostet rund 20 Millionen Euro zusätzlich.

Senat erwartet keine Probleme

Sobald Termin und Finanzierung geklärt sind, will der Senat einen Nachtragshaushalt vorlegen. Dieser solle im Oktober in das Abgeordnetenhaus eingebracht und bis Ende des Jahres beschlossen werden. Wie hoch der Anteil Berlins sein wird, will zurzeit niemand beziffern. Im Gespräch ist ein „kleiner“ dreistelliger Millionenbetrag. Die Gegenfinanzierung soll unproblematisch sein, zumal die Steuerschätzung im November zusätzliche Einnahmen ergeben dürfte. Sparmaßnahmen oder eine höhere Verschuldung seien nicht zu erwarten, ließ Senatschef Klaus Wowereit durchblicken. Bislang hat Berlin 181 Millionen Euro in das Projekt investiert.

„Berlin wird mit mindestens 400 Millionen Euro zusätzlich zur Kasse gebeten“, errechnete Jochen Esser, der finanzpolitische Sprecher der Grünen. In der BER-Kalkulation gebe es noch viele Unwägbarkeiten. So könnten hohe Schadenersatzforderungen von Ladenmietern auf die FBB zukommen, wenn sich die Eröffnung weiter verzögere. Unklar sei, wie viel Geld der Lärmschutz am Ende kosten werde. Der von Brandenburg durchgesetzte Kompromiss sei „streitbefangen“ – Thema von Gerichtsverfahren. Darum werde weiter mit den Höchstkosten kalkuliert. Diese belaufen sich auf 480 Millionen Euro.

Esser wies darauf hin, dass die Aufstockung des FBB-Eigenkapitals rechtlich ein „verlorener Zuschuss“ sei, den die Gesellschafter nicht zurück erhalten. Das drohe auch im Fall des Darlehens, wie das Beispiel Vivantes zeige: Dort wurden Gesellschafterdarlehen des Landes in dreistelliger Millionenhöhe in Eigenkapital verwandelt. BER wird teurer, sagt Esser. Wie teuer und wer die Rechnung zahlt, bleibt unklar.