Flughafen Tegel: FDP will Neuwahlen, wenn positiver Volksentscheid nicht umgesetzt wird

Die Ankündigung des FDP-Fraktionschefs Sebastian Czaja, nach dem Volksentscheid über Tegel eine Initiative für Neuwahlen zu starten, stößt auf Empörung bei Rot-Rot-Grün – und auf ein geteiltes Echo in der Opposition.

"Die logische Konsequenz, ein Volksbegehren für Neuwahlen zu starten“

Czaja hatte eine Neuwahl-Initiative für den Fall angekündigt, dass der rot-rot-grüne Senat einem möglichen Bürgervotum pro Weiterbetrieb des innerstädtischen Airports nicht folge. „Wenn der Tegel-Volksentscheid ein sehr klares Ergebnis pro Offenhaltung bringt und der Senat nichts unternimmt, um dies umzusetzen – dann ist es die logische Konsequenz, ein Volksbegehren für Neuwahlen zu starten“, sagte Czaja der Berliner Zeitung – und griff auch Senatschef Michael Müller (SPD) scharf an: „Ein Regierender Bürgermeister, der den Willen der Bürger ignoriert, hat jede Glaubwürdigkeit als Regierungschef verspielt.“

Müller selbst, derzeit im Urlaub, reagierte nicht auf den Angriff. Die Landesgeschäftsführerin der SPD, Anett Seltz, erklärte aber, der Vorstoß Czajas zeige, dass die FDP den Volksentscheid nur für ihr Eigeninteresse instrumentalisiere: „Ganz offensichtlich hatte die FDP nie ein inhaltliches Interesse am Flughafen Tegel, sondern immer nur ein rein taktisches“, sagte Seltz.

Sieg der Tegel-Freunde erwartet

Der Volksentscheid – mitinitiiert von der FDP, die mit dem Thema ihren Wahlkampf bestritt – findet zeitgleich zur Bundestagswahl am 24. September statt. Die SPD Berlin befürchtet wegen des Bundestrends nicht nur ein schwaches Wahlergebnis in der Hauptstadt – sondern auch eine klare Niederlage beim Thema Tegel.

Umfragen zeigen bisher in der Tat eine deutliche Mehrheit derer, die für eine Offenhaltung plädieren. Zwar ist die Aufforderung an den Senat, alles für einen Weiterbetrieb Tegels als Verkehrsflughafen zu tun, beim Volksentscheid lediglich als unverbindlicher Appell formuliert. Doch der politische Druck wird in jedem Fall wachsen. Die rot-rot-grüne Koalition dringt mit ihren Argumenten, der dauerhafte Weiterbetrieb sei rechtlich hochriskant und könne von Berlin nicht gegen die Flughafen-Mitgesellschafter Bund und Brandenburg entschieden werden, kaum durch.

Müller hatte jüngst zwar angekündigt, bei einem Ja-Votum prüfen zu lassen, welche Bedingungen für eine Offenhaltung neben einem dann eröffneten BER nötig wären. Klar ist aber: Diese Prüfung ist längst erfolgt, beruht doch genau darauf die Empfehlung des Senats, mit Nein beim Volksentscheid zu stimmen.

"Menschen als Marketinginstrument benutzt, um Machtspielchen zu betreiben"

SPD-Geschäftsführerin Seltz warf den Liberalen vor, ihnen sei „das Schicksal von 300.000 lärmgeplagten Berlinerinnen und Berlinern egal“. Die Menschen würden stattdessen als Marketinginstrument benutzt, um Machtspielchen zu betreiben, sagte Seltz. Der FDP sei die Rechtslage bewusst. Nur daher habe sie „extra einen unverbindlichen Appell ohne gesetzliche Bindung“ zur Abstimmung gestellt.

FDP-Fraktionschef Czaja wies dies am Donnerstag zurück. „Wir haben nur deshalb kein Gesetz vorgelegt, weil ein Gesetz, das Berlin bindet, gar nicht gereicht hätte.“ Das Land könne zwar seinen Widerruf der Betriebsgenehmigung für Tegel zurückziehen. „Aber dann muss der rot-rot-grüne Senat auf Brandenburg und den Bund zugehen. Dazu braucht es den politischen Willen.“

CDU zeigt sich durchaus offen für ein Neuwahl-Volksbegehren

Die Berliner CDU zeigte sich durchaus offen für ein Neuwahl-Volksbegehren. Er hoffe nicht, dass es so weit kommen muss, sagte ihr Generalsekretär Stefan Evers. Aber: „Wenn der Volksentscheid erfolgreich ist, dann erwarte ich vom Regierenden Bürgermeister, dass er die Flughafenpolitik Berlins neu ausrichtet und im Rahmen seiner Möglichkeiten auf eine Offenhaltung von Tegel hinwirkt.“

Traue Müller sich dies nicht zu, solle er seinen Platz räumen. „Sicher stehen in der SPD andere bereit, den Bürgerwillen umzusetzen“, sagte Evers in Anspielung auf die andauernde Konkurrenz zwischen Müller und dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Raed Saleh, der Ambitionen hat, selbst einmal Senatschef zu werden. Evers erklärte, Rot-Rot-Grün dürfe sich über ein Neuwahlbegehren nicht wundern, wenn die Koalition die Umsetzung eines erfolgreichen Volksentscheids verweigere: „Dann hätte sie ihre politische Legitimation verspielt.“

AfD gegen FDP-Vorstoß

Auch die AfD, die sich neben den Liberalen als einzige schon im Wahlkampf für einen Tegel-Weiterbetrieb aussprach, erwartet „eine krachende Niederlage des Senats“ beim Volksentscheid. Ein aus ihrer Sicht ebenfalls absehbares rot-rot-grünes Scheitern bei der Bundestagswahl lässt den parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Frank-Christian Hansel, prognostizieren, dass dann die „inneren Konflikte des Dreiparteien-Senats massiv ausbrechen“ würden. „Insofern ist es ohnehin äußerst fraglich, ob der Senat nach dem Wahltag noch eine lange Zukunft hat“, erklärte Hansel.

Dennoch wandte sich der AfD-Mann klar gegen den FDP-Vorstoß für ein Neuwahlbegehren. „Damit zeigt die Czaja-Partei, dass es ihr gar nicht um die Sache geht“, sagte Hansel. Die FDP, die „kleinste Parlamentspartei“, missbrauche das wichtige Thema Tegel, um sich politisch profilieren zu können.

Linke: Größenwahn?

Nicht anders sieht es die Grünen-Landeschefin Nina Stahr, die Czaja auf Twitter vorwarf, nur parteipolitische Ziele zu verfolgen: „So pervertiert er direkte Demokratie.“ Linken-Fraktionschef Udo Wolf reagierte auf Czajas Ankündigung mit einer Gegenfrage: „Muss man dafür etwas nehmen – oder reicht schon ganz normaler Größenwahn?“