Flughafenchef Lütke Daldrup: „Das Ziel ist, den BER 2018 zu eröffnen“
Erst knapp einen Monat ist es her, da übernahm ein Mann aus der Politik den Posten des Berliner Flughafenchefs. Engelbert Lütke Daldrup wechselte aus dem Roten Rathaus nach Schönefeld. Staatssekretär ist er inzwischen nicht mehr, dafür hat er einen der stressigsten Jobs in dieser Region.
Haben Sie es schon bereut, dass Sie Flughafenchef geworden sind?
Nein. Ich wusste, worauf ich mich einlasse.
Herr Lütke Daldrup, Sie sollen dafür sorgen, dass der Flughafen BER fertiggestellt und in Betrieb genommen wird. Hatten Sie je eine schwierigere Aufgabe?
Es geht um eine wichtige Aufgabe, die ordentlich erledigt werden muss. Dafür habe ich mich in die Pflicht nehmen lassen. Ich will, dass die Flughafengesellschaft solide geführt und der neue Flughafen, der BER, endlich eröffnet wird. Dafür bringe ich Erfahrung mit Großprojekten und großen Organisationen mit.
Was hat sich im Vergleich zu Ihrem früheren Arbeitsalltag geändert?
Auch als Staatssekretär für Bauen und Wohnen stand ich vor großen Herausforderungen. Es ging darum, den Wohnungsbau anzukurbeln und den Mieterschutz zu stärken. Es war eine große Aufgabe – wie jetzt der Flughafen. Neben dem BER sind die bestehenden Flughäfen Tegel und Schönefeld mit einer Infrastruktur, die in die Jahre gekommen ist, wichtig. Sie werden täglich von fast 100.000 Passagieren genutzt, die wir auch weiterhin sicher und zuverlässig betreuen wollen.
Woran arbeiten Sie gerade?
Wir sind dabei, uns sehr grundsätzlich mit dem BER zu beschäftigen. Ich schaue mir intensiv Akten und Pläne an, spreche mit Mitarbeitern, Baufirmen und Dienstleistern, bin auf der Baustelle unterwegs.
Sie haben gesagt, dass das Studium der Akten und Pläne den Zweck hat, weitere potenzielle Risiken für das Projekt BER aufzuspüren. Sind Sie schon fündig geworden?
Auf der Baustelle haben wir bislang keine neuen großen Risiken entdeckt. Wir werden aber weiter mit allen Mitteln prüfen und dann eine abschließende Bewertung vornehmen.
Sie sind nicht der erste neue Chef am Flughafen, der sich erst einmal alle Unterlagen anschaut. Eigentlich müsste jede Schraube schon mehrfach analysiert worden sein.
Ich trage als Flughafenchef die Verantwortung für das Unternehmen. Deshalb will ich genau wissen, wo wir stehen. Auf Sicht zu fahren wäre in dieser Situation unverantwortlich. Außerdem wollen die Bürger und die Gesellschafter des Flughafens zu Recht wissen, wie es weitergeht. Wir brauchen endlich einen soliden, belastbaren Zeitplan. Dafür arbeitet das gesamte BER-Team. Wir alle gemeinsam haben nur ein Ziel: den neuen Flughafen zu eröffnen! Dafür werden wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln kämpfen.
Der frühere Flughafenchef Hartmut Mehdorn hat kürzlich gesagt, dass der BER morgen öffnen könnte. Stimmen Sie ihm zu?
Ich habe keine Zeit dafür, mich mit allen Kommentatoren am Spielfeldrand auseinanderzusetzen. Besserwisserei und Ferndiagnosen führen nicht zum Ziel.
Wenn alle Akten und Pläne durchgesehen, alle Risiken ermittelt worden sind – was steht dann an?
Eine Menge. Dann geht es um detaillierte Verabredungen mit den Genehmigungsbehörden für die Freigabe der Gebäudeteile. Es geht um belastbare und verlässliche Terminabsprachen mit den Firmen. Die Sachverständigenprüfungen und Rauchgasversuche müssen erfolgreich durchlaufen werden. Wir müssen die gesamte Organisation ausrichten auf die technische Inbetriebnahme und den Probebetrieb.
Wann wollen Sie bekanntgeben, wann der BER in Betrieb geht?
So schnell wie möglich. Das Ziel ist, dies im Sommer 2017 zu tun.
Sommer – heißt das eher 21. Juni oder 21. September 2017?
In diesem Sommer.
Wäre eine Eröffnung 2018 nach jetzigem Stand noch möglich?
Das Ziel ist, den BER 2018 zu eröffnen.
Wenn es 2019 oder 2020 wird, besteht da nicht die Gefahr, dass Ihnen das Geld für den BER ausgeht?
Ich habe in den Berliner und Potsdamer Ausschüssen dargelegt, dass wir über genug Liquidität verfügen, um den BER fertigzustellen.
Ein anderes Thema: die Zukunft des Flughafens Tegel. Auch bei der Flughafen Berlin Brandenburg (FBB) gibt es Konzepte, Tegel zumindest als Regierungs- und Business-Airport weiter zu nutzen. Verfolgt die FBB diese Pläne weiter?
Solche Konzepte gab es nie. Der Aufsichtsrat hat die Frage aufgeworfen, was passiert, wenn das geplante Interimsterminal für den Regierungsflughafen in Schönefeld nicht planmäßig fertig wird. Ausschließlich für diesen Fall hat sich die Flughafengesellschaft Gedanken darüber gemacht, wie die Regierungsflüge dann abgewickelt werden könnten. Doch dieser Fall ist nicht eingetreten. Die Vereinbarung zum Bau des Interimsterminals ist durch meine Vermittlung seit Dezember 2016 unter Dach und Fach. Der Bau hat begonnen, die Bodenplatte des Terminals ist gegossen. Die Gesellschafter wollen keine Doppelstruktur mit zwei Flughäfen, bestehend aus Tegel und BER. Das wurde 1996 so beschlossen und gilt weiterhin.
Bleibt Tegel offen, wenn der für September 2017 geplante Volksentscheid die nötige Stimmenzahl bekommt?
Das müssen die Gesellschafter entscheiden. Aber ich habe keine Anzeichen dafür, dass die Gesellschafter einen neuen Weg einschlagen wollen. Ganz im Gegenteil: Berlin und Brandenburg haben sich gerade erneut zum BER als dem einzigen Flughafen in der Metropolregion bekannt. Die Flughafengesellschaft hat immer auf das Single-Airport-Konzept gesetzt – vor allem aus wirtschaftlichen Gründen. Doppelstrukturen sind sehr teuer. Außerdem ist die Konzentration des Luftverkehrs auf einem Flughafen notwendig, damit sich Umsteigeverkehr entwickeln kann und neue Langstreckenverbindungen hinzukommen.
Müssten Sie jetzt nicht auch schon längst an einer anderen Front stärker kämpfen? Die Kapazität des BER muss kräftig erweitert werden, sonst ist er von Anfang an zu klein.
Wir wollen 700 Millionen Euro in die erste Ausbaustufe investieren, die Kapazitätserweiterung ist Teil unseres von der EU genehmigten Finanzierungskonzepts. Am Flughafen Schönefeld SXF hat der Ausbau bereits begonnen, für den neuen BER planen wir ein zusätzliches Abfertigungsgebäude, das neben dem Pier Nord entstehen wird und das Anfang 2021 in Betrieb gehen soll. In diesem Terminal T1-E können acht Millionen Fluggäste pro Jahr abgefertigt werden. Parallel arbeiten wir an einem Masterplan für die Zeit bis 2040, um die Kapazitäten schrittweise zu erweitern.
Müsste nicht auch ein neues Terminal am Südpier geplant werden?
Das wäre eine Möglichkeit, aber dazu müssen wir den Masterplan abwarten.
Wie lange gilt Ihr Vertrag?
Drei Jahre.
Werden Sie die BER-Eröffnung noch als Chef der FBB erleben?
Ja, davon gehe ich aus.
Das Interview führte Peter Neumann.