Wie kocht man am besten Spaghetti Bolognese? Das sind die Tricks, und so gelingt es jedem

Rezept der Woche: Die Deutschen lieben Ragù alla Bolognese. Jeder hat sein heiliges Rezept. Dabei gibt es in Italien Hunderte verschiedene Soßen. Hier kommen die besten Varianten.

Spaghetti Bolognese ist eine ernste Sache: Zumindest glauben 83 Millionen Deutsche zu wissen, wie die richtige italienische Fleischsoße gelingt.
Spaghetti Bolognese ist eine ernste Sache: Zumindest glauben 83 Millionen Deutsche zu wissen, wie die richtige italienische Fleischsoße gelingt.Imago

Herrje, jetzt wird es gefährlich, ganz dünnes Eis! Wenn es um Spaghetti Bolognese, Studierende in Nürnberg nennen das manchmal „Bolo“, geht, dann lassen sich die wenigsten Menschen reinreden.

Es handelt sich um eine Speise, bei der jeder ziemlich genaue Vorstellungen hat. Nicht nur die Einwohner von Bologna, sondern gefühlt 83 Millionen Deutsche. Etwas traurig ist das schon, denn über den richtigen Geschmack einer Kohlroulade wird in Deutschland leider nicht gestritten.

Sei’s drum. Weiß der deutsche Hobby-Italiener, wo man eine gute Bolognese bekommt, dann geht er nur noch dorthin zum Essen. Hat man das perfekte Rezept für daheim, dann darf daran nicht gerüttelt werden, es wird genau so gemacht. Am besten kocht man es selbst, bloß kein Risiko eingehen. Ein Freund von mir, wir sind seit über 30 Jahren befreundet, isst jeden Sonntag Spaghetti Bolognese.

So essen Deutsche ihre Spaghetti Bolognese: Dabei ist die Spaghetti nicht die ideale Nudel, weil man das Hackfleisch als Letztes aus der Schale löffeln muss.
So essen Deutsche ihre Spaghetti Bolognese: Dabei ist die Spaghetti nicht die ideale Nudel, weil man das Hackfleisch als Letztes aus der Schale löffeln muss.Imago

Tatsächlich wurde ich, ich hatte gerade meine Station in einem römischen Drei-Sterne-Laden hinter mir, dann einmal gefragt, ob ich es diesen Sonntag „mal versuchen wolle“. Gesagt, getan: Bestes Ragù alla Bolognese gekocht und sogar frische Tagliatelle besorgt. Ergebnis: Fand er gut, sehr gut sogar, aber irgendwie nicht the real deal. Da hat so der Miracoli-Faktor gefehlt, hätte er in den 80ern gesagt. Nun ja, wir sehen uns heute noch gelegentlich, sagen uns sogar freundlich hallo auf der Straße. Mehr aber auch nicht.

William und Harry, Tim Mälzer und Jamie Oliver: Alle lieben Pasta

Sucht man Bolognese auf YouTube, findet man zahlreiche Ergebnisse. Da ist natürlich Gennaro Contaldo (ehemaliger Sidekick des famosen Antonio Carluccio), dann Jamie Oliver, und wo der ist, ist natürlich auch Tim Mälzer. Gordon Ramsey meldet sich zu Wort, der legendäre Marco Pierre White macht beim Bolognesekochen ganz schlechte Werbung für Knorr, der ehemalige Koch der Queen Darren McGrady erzählt aus dem Nähkästchen über William und Harry.

Besser schmecken selbstgemacht Tagliatelle mit Ei zu einem richtigen Ragù mit Fleischsoße.
Besser schmecken selbstgemacht Tagliatelle mit Ei zu einem richtigen Ragù mit Fleischsoße.Felix Hanika

Stanley Tucci kocht mit unzähligen Referenzen zu seinem neuen Programm „Searching for Italy“ ein authentisches Ragù, und auf dem Kanal Pasta Grannies (sehr empfehlenswert!) gibt es allerlei Varianten zu sehen. Sogar Steffen Henssler hat ein schnelles Rezept. Hier muss ich jetzt aufhören, denn wir sind schon ganz unten angekommen.

Aber lassen Sie uns einmal einen Blick auf den Ursprung werfen: Dass man in Italien Spaghetti Bolognese nicht kennt, werden Sie schon einmal gehört haben. Spaghetti und ein Ragù ist auch nicht sinnstiftend, denn die Sauce kann ja gar nicht an der Pasta hängenbleiben. Darum löffeln in Deutschland auch so viele am Ende immer das Hackfleisch aus dem Teller, wie barbarisch!

Ragù alla Bolognese und die goldene Tagliatella

So sieht die traditionelle Bolognese des Autors aus.
So sieht die traditionelle Bolognese des Autors aus.Felix Hanika

Was es jedoch gibt, ist ein Ragù alla Bolognese. Erstmals wurde es 1891 schriftlich festgehalten. Dank einer Kollaboration der Accademia Italiana della Cucina, die sich unter anderem für den Erhalt klassischer italienischer Kochtradition einsetzt, und der Handelskammer in Bologna gilt es als das Urrezept dieser Spezialität. Gemeinsam mit der goldenen Tagliatella, welche in der Handelskammer aufbewahrt wird. Eine Art goldene Schablone, die millimetergenau festlegt, wie eine Tagliatella auszusehen hat.

Gegessen wird das Ragù also mit breiten Nudeln. In Bologna sagt man dazu un mattrimonio perfetto, also die perfekte Hochzeit. Und was darf nun hinein in die Bolognese? Folgendes: Rinderhack, Pancetta (ungeräuchert), Zwiebel, Karotte, Staudensellerie, Passata oder Tomatenmark, trockener Rot- oder Weißwein, Milch, Salz, Pfeffer und Olivenöl. Vor allem die Milch wird einige jetzt erstaunen, aber so ist es, schauen Sie ruhig nach, wenn Sie mal in Bologna sind, und machen Sie vorher auch gleich einen Termin bei Valerio Veronesi, um die goldene Tagliatella zu begutachten.

Und hier eine helle Variante der Bolognese mit Brathähnchen und Sahne. 
Und hier eine helle Variante der Bolognese mit Brathähnchen und Sahne. Felix Hanika

Neben dieser Wahrheit gibt es allerdings noch eine zweite Wahrheit, oder genauer gesagt: Realität, und diese bringt die Food-Journalistin Felicity Cloake (u.a. Guardian, New Statesman) auf den Punkt: „Es gibt zwar kein allgemeingültiges Rezept für eine Bolognese-Soße, aber damit sie diesen Namen auch verdient, muss sie wenigstens die Traditionen der Region (Italien) respektieren.“

In Italien essen alle Menschen Ragùs, und überall schmeckt es anders

Wenn Sie also noch Knoblauch, Kräuter, italienische Fenchelwurst, Orangensaft oder was auch immer hineingeben wollen, dann ist es eben ein Ragù und auch total in Ordnung. Denn wie Bologna haben auch andere Städte in Italien ihre Ragùs, die sind nur bei uns nicht so bekannt. Erinnern Sie sich noch an mein Kinderrezept Penne mit Sahne und Corned Beef? Das ist mitnichten ein italienisches Original, aber erlaubt ist, was schmeckt. Und diese Pasta schmeckt, versprochen!

Bolognese-Soße gelingt natürlich nur mit einem richtigen Schuss Rot- oder Weißwein.
Bolognese-Soße gelingt natürlich nur mit einem richtigen Schuss Rot- oder Weißwein.Felix Hanika

In der Trattoria Madonnina in Mailand aß ich zuletzt Fusilli con Ragù di Salsiccia di Bra Bianco. Gekocht wurde die Soße aus einer italienischen Wurst mit Nelken und Zimt, viel Weißwein und Sahne. Absolut einzigartig! In der Toskana gibt es das Ragù mit Wildschwein, Trüffeln und Schokoladensoße. Am Albaner See unweit des Castel Gandolfo (Sommerresidenz des Papstes) liebt man Pappardelle mit Kaninchen in Sahne geschmort. In der Gegend um Ravenna schmort man für ein Ragù die unglaublich schmackhaften Feldhasen der Region. Und im Süden serviert man das beliebte Ragù alla napoletana in zwei Gängen. Die Varianten sind fast endlos.

Die beste Soße? Diese Tipps müssen Sie befolgen

Sie haben natürlich schon Ihr eigenes Rezept gefunden. Zwei Tipps kann ich Ihnen dafür geben.

Erster Tipp: Der Soffritto aus gehackten Zwiebeln, Staudensellerie und Möhre sollte sehr lange, mindestens eine halbe Stunde in Olivenöl farblos schmoren. Je feiner die Zutaten zerkleinert sind, desto besser. Ich häksel alles oft in der Küchenmaschine ganz fein oder gebe es durch den Fleischwolf. 

Die heilige Dreifaltigkeit der italienischen Küche: Zwiebeln (Knoblauch), Möhren und Staudensellerie.
Die heilige Dreifaltigkeit der italienischen Küche: Zwiebeln (Knoblauch), Möhren und Staudensellerie.Felix Hanika

Zweiter Tipp: Benutzen Sie Pancetta (also Speck). Den Pancetta geben Sie dazu, wenn der Soffritto schon glasig ist. Dann dünsten Sie alles weiter, bis das Fett des Pancetta sich vollkommen aufgelöst hat. Erst dann das Hackfleisch hinein und solange dünsten, bis das Fleisch komplett gar ist. Das gibt der Soße diese seidige Konsistenz, dass sie sich liebevoll um die Eiernudeln schmiegt.

Für zu Hause gebe ich Ihnen aber ein paar Abwandlungen mit. Denn die „klassische“ Bolognese wollen Sie ja selber optimieren. Ich gebe zum Beispiel gerne ein bisschen Leber oder andere Innereien zum Rindfleisch und liebe Varianten mit Wild. Aber das ist alles Ihre Entscheidung. Hier meine Abwandlungen:

Warum statt Rindfleisch nicht mal Lamm? Und warum statt Tomate nicht mal Ajvar? Und warum keine Limette oder Dill in die Bolognese?
Warum statt Rindfleisch nicht mal Lamm? Und warum statt Tomate nicht mal Ajvar? Und warum keine Limette oder Dill in die Bolognese?Felix Hanika

Mafaldine-Ragù mit Lamm, Ajvar, Dill und Limette

Diese Pasta entspringt einfach meiner Fantasie. Ich hatte Lust auf die Sachen und hatte noch Lamm im Haus. Also habe ich diese etwas abenteuerliche Variante gekocht. Ich hatte etwas Angst, aber es schmeckte wirklich wunderbar.

Zutaten (für 4 Personen): 500 g Mafaldine (oder andere Pasta), 250 g Lammhack, 200 g Ajvar (Soße vom Balkan), 1 rote Zwiebel, 1 Knoblauchzehe, 2 Limetten (Abrieb und Saft), 1 EL Fenchelsamen, 1 EL Koriandersamen, 2 EL gehackten frischen Dill, Salz und Pfeffer, Olivenöl

Zubereitung: Zu Beginn röste ich in einer Pfanne vorsichtig die Fenchel- und Koriandersamen an und mache dann daraus in einem Mörser (alternativ in einer Kaffeemühle) ein Pulver. Zu dem Pulver gebe ich den Abrieb der zwei Limetten, den Saft behalte ich für später zurück.

Dann schäle ich die Zwiebel und den Knoblauch, hacke diese fein und schwitze alles in Olivenöl an. Sind die Zwiebeln glasig, gebe ich das Lammhack dazu und brate es solange, bis es gar ist. Dann kommt das Ajvar hinzu mit einem großzügigen Schuss Wasser und dem Limettensaft. Nun koche ich alles bei mittlerer Hitze für etwa 25 bis 30 Minuten. Nehme es dann von der Hitze und rühre die Gewürze hinein.

Ich lasse die Sauce abgedeckt ruhen und koche nun die Pasta. Ist diese zu 90 Prozent fertig, gebe ich sie mit einer Kelle Kochwasser in die Sauce und koche sie dann in der Sauce gar. Zum Schluss gebe ich den gehackten Dill dazu. Wer möchte, kann die Pasta mit gerösteten Semmelbröseln und etwas geriebenem Pecorino servieren.

Mit die besten Nudeln, die der Autor gegessen hat: Fusilli con Ragù di Salsiccia di Bra Bianco
Mit die besten Nudeln, die der Autor gegessen hat: Fusilli con Ragù di Salsiccia di Bra BiancoFelix Hanika

Fusilli alla Salsiccia di Bra Bianco

Hierfür benötigen wir eigentlich Wurst aus Bra, aber die werden Sie nur schwer bekommen. Daher ein kleiner Trick: Wir kaufen grobe italienische Salsiccia und schmecken später selber mit Nelke und Zimt ab.

Zutaten (für 4 Personen): 500 g Fusilli, 2 bis 3 italienische Salsiccia (ca. 250 bis 300 g), 1 kleine Zwiebel, 1/2 l trockener Weißwein, 200 ml Sahne, 1 oder 2 Nelken (je nachdem wie kräftig sie es möchten), etwas Zimt, Salz, Pfeffer, Olivenöl

Zubereitung: Die Zwiebel wird sehr fein gehackt und anschließend in etwas Olivenöl glasig angeschwitzt. Nun lösen wir die Wurst aus dem Darm und geben sie zerkleinert dazu. Weiter anschwitzen, bis die Wurst gar ist und in sich zerfällt (circa zehn Minuten), gegebenenfalls mit einer Gabel nachhelfen.

Nun mit dem Großteil des Weins ablöschen und einkochen, bis der Wein fast verschwunden ist. Dann mit dem restlichen Wein erneut ablöschen, den Alkohol verkochen lassen und dann die Sahne dazugeben. Ordentlich aufkochen und dann mit den fein geriebenen (oder gemörserten) Gewürzen abschmecken. Die Pasta zu 90 Prozent garkochen und dann in der Sauce mit Kochwasser zu Ende kochen. Gerne mit etwas frisch geriebenem Parmesan servieren. Wunderbar!

Felix Hanika: Koch aus Leidenschaft und Wahl-Mallorquiner, für den ein Pfund Butter sein Ein und Alles ist.
Felix Hanika: Koch aus Leidenschaft und Wahl-Mallorquiner, für den ein Pfund Butter sein Ein und Alles ist.Felix Hanika

Haben Sie Fragen zu unseren Rezepten, Ideen und Wünsche für Geschichten oder einen Restauranttipp für uns? Dann schreiben Sie uns per E-Mail: briefe@berliner-zeitung.de


Felix Hanika war zunächst Investmentbanker, dann absolvierte er im Hotel & Restaurant Bareiss im Schwarzwald eine Kochlehre. Acht Jahre lang kochte er in den besten Restaurants der Welt. In der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung veröffentlicht er regelmäßig seine Lieblingsrezepte.