Forsa-Umfrage: Rot-Rot-Grün verliert in Berlin an Zustimmung
Wenige Wochen nach ihrem Antritt startet die rot-rot-grüne Koalition ohne Vertrauensvorschuss ins neue Jahr. Laut einer aktuellen Umfrage, die das Institut Forsa im Auftrag der Berliner Zeitung durchgeführt hat, glauben nur 44 Prozent der Befragten, dass der neue Senat die Stadt voranbringen wird.
Ende Oktober äußerten sich 49 Prozent optimistisch über Rot-Rot-Grün – da befanden sich die Partner noch mitten in den Koalitionsverhandlungen. Richtig überzeugt vom fertigen Koalitionsvertrag sind die Berliner also offensichtlich nicht. Möglicherweise hat auch die Debatte um die Stasi-Vergangenheit des Bau-Staatssekretärs Andrej Holm (parteilos, für Linke) dazu beigetragen, die Hoffnungen zu dämpfen.
Grüne glauben an den Wandel
Auffällig ist, dass auch bei den Anhängern der Koalitionsparteien die Zustimmung zu Rot-Rot-Grün abgenommen hat. Am stärksten ist sie weiterhin bei den Grünen, die erstmals seit 1991 wieder an der Regierung sind – abgesehen vom rot-rot-grünen Interimssenat vor den Neuwahlen 2001. Ihre Anhänger erklären mit einer klaren Mehrheit von 82 Prozent, dass sie der neuen Regierung zutrauen, einen Wandel in der Stadt herbeizuführen.
Einen markanten Rückgang hat es hingegen bei den Unterstützern der Linken gegeben. Im Oktober glaubten 85 Prozent von ihnen, dass Rot-Rot-Grün die Stadt zum Positiven verändern wird – ein überraschend hoher Wert, der sich im Mitgliedervotum der Linken zum Koalitionsvertrag bestätigte. Doch nachdem die Koalition ihre Arbeit aufgenommen hat, scheint der Rückhalt bei den Linke-Wählern zu schwinden: In der aktuellen Umfrage sagen nur noch 68 Prozent, dass sie Hoffnungen in Rot-Rot-Grün setzen. Damit liegt der Zustimmungswert nur leicht über dem der SPD-Anhänger, die am wenigsten überzeugt sind von Rot-Rot-Grün.
Die einzige plausible Erklärung für diesen Schwund ist die Diskussion über Holm. Der bekannte Stadtsoziologie gehörte nach seinem Abitur 1989 kurze Zeit als Offiziersschüler der DDR-Staatssicherheit an. Darüber hatte er bei seiner Anstellung an der Humboldt-Universität im Jahr 2005 falsche Angaben gemacht. Holm geht mit seiner Vergangenheit seit Jahren offen um, einige Details wurden aber erst jetzt bekannt.
Eine arbeitsrechtliche Prüfung der Vorwürfe durch die Humboldt-Universitär läuft derzeit. Holm genießt insbesondere bei Berliner Mieteraktivisten ein sehr hohes Ansehen, er hat in Workshops und Seminaren viel zur Professionalisierung der Initiativen beigetragen, es gab zahlreiche Solidaritätserklärungen. Sein hoher Rückhalt bei der Basis ist ein wichtiger Grund, weshalb die Linke-Spitze bislang an Holm festhält und das Ergebnis der Überprüfung abwarten will, ehe sie über seine politische Zukunft entscheidet.
Dem Ansehen der Partei scheint die Holm-Affäre jedoch nicht zu schaden. Im Vergleich zur vorigen Befragung im November legt die Linke sogar leicht zu auf 17 Prozent und liegt damit leicht über ihrem Wahlergebnis von 15,6 Prozent. Auch die SPD gewinnt einen Prozentpunkt, die Grünen verlieren einen. Insgesamt entspricht die Zustimmung zu Rot-Rot-Grün damit dem Ergebnis der Abgeordnetenhauswahl am 18. September. Es scheint bislang keine größere Bewegung zwischen den politischen Blöcken zu geben.
AfD verliert leicht
Dies könnte sich allerdings nach dem Attentat am Breitscheidplatz noch ändern. Die Forsa-Umfrage wurde zwischen dem 12. und dem 23. Dezember durchgeführt, der Anschlag ereignete sich also in den letzten Tagen des Befragungszeitraums. Die Teilnehmer in den Tagen nach dem 20. Dezember äußerten deutlich größere Sorge vor Kriminalität und Terror als in der Woche vor dem Anschlag. Allerdings drücken sich diese Befürchtungen bislang nicht in sprunghaft gestiegenen Zustimmungswerten für CDU oder AfD aus. Die CDU liegt stabil bei 20 Prozent, die AfD verliert leicht.
Für die Studie befragte Forsa 1003 Berlinerinnen und Berliner, die Befragung fand telefonisch statt.