Forsa-Umfrage vor der Abgeordnetenhauswahl in Berlin: Abstand zwischen SPD und Grünen wird immer geringer
Berlin - Anders als im Wahlkampf vor fünf Jahren, als die Berliner Bundestagsabgeordnete Renate Künast unbedingt Regierende Bürgermeisterin werden wollte, geben die Grünen sich diesmal bescheiden. Das Ziel „Rotes Rathaus“ haben sie für die Wahl am 18. September nicht ausgerufen, und anstatt einer einzigen Frau an der Spitze kandidiert ein Viererteam. Dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – wird der Abstand zwischen SPD und Grünen von Monat zu Monat geringer. Ende 2015 waren es zwölf Prozentpunkte, aktuell sind es nur noch sechs.
Angesichts dieses Trends wollten wir herausfinden, was die Berliner von einem grünen Senatschef halten würden, zumal die Grünen seit rund 26 Jahren in der Opposition sitzen. „Wenn nach der nächsten Abgeordnetenhauswahl der Regierende Bürgermeister von den Grünen gestellt würde: Fänden Sie das gut oder nicht so gut?“, lautete die Frage, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Mai für die Berliner Zeitung stellte.
Das Ergebnis dieser Umfrage fiel bemerkenswert positiv für die Grünen aus und ist wohl auch auf den Wahlsieg von Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg zurückzuführen: Eine Mehrheit von 54 Prozent der Befragten fände einen Grünen-Regierungschef in Berlin gut. 33 Prozent fänden das nicht gut, 13 Prozent hatten keine Meinung.
Gute Werte für Ramona Pop
Passend zum Thema wurde Ramona Pop erstmals gesondert bewertet. Die Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus steht auf der Landesliste vorne und ist damit faktisch die Nummer eins im Grünen-Team. Abgefragt wurden dieselben Charaktereigenschaften, mit denen zuletzt im April der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Innensenator Frank Henkel (CDU) bewertet wurden. Auch hier dürften die Grünen zufrieden sein (siehe Grafik).
Ramona Pop wird von gut der Hälfte der Berliner, die sie kennen, als kompetent und modern eingeschätzt. Die Mehrheit hält sie zudem für eine Politikerin, die etwas von den Belangen der Stadt versteht. Die guten Werte von Michael Müller erreicht sie nicht, aber sie lässt Frank Henkel in fast allen Punkten hinter sich. Für den CDU-Spitzenkandidaten ist das ein weiterer Tiefschlag, zumal er im Politiker-Ranking erneut verlor. Er steht nunmehr auf dem drittletzten Platz (siehe unten). Vor allem die eigenen Anhänger gaben ihm mit minus 0,3 Punkten deutlich schlechtere Noten als im April. Ramona Pop legte zu, ihre Arbeit als Fraktionsvorsitzende wird immer besser bewertet.
Dass die Grünen die SPD bei der Wahl im September überholen und aus eigener Kraft den Senatschef stellen könnten, erscheint aber unwahrscheinlich. Die SPD kam in der Mai-Umfrage auf 26 Prozent (minus eins), die Grünen lagen mit unverändert 20 Prozent auf Rang zwei. Sollten die Grünen dennoch Michael Müller aus dem Roten Rathaus vertreiben wollen, müssten sie eine Koalition gegen die SPD bilden: entweder ein grün-schwarzes Bündnis mit der CDU oder eine Dreierkoalition mit der FDP.
Rein rechnerisch würde es zurzeit aber nicht einmal für diese grün-schwarz-gelbe Konstellation reichen. Die CDU dümpelt weiter bei 18 Prozent und die FDP muss mit derzeit fünf Prozent (minus eins) erneut um den Einzug ins Landesparlament bangen. Die einzige Koalition, die aktuell im Abgeordnetenhaus eine – wenn auch äußerst knappe – Mehrheit hätte, wäre Rot-Grün.
Mehrheit gegen Grün-Schwarz
Dennoch hat Forsa im Auftrag der Berliner Zeitung ermittelt, ob die Berliner eine Koalition aus Grünen und CDU wie in Baden-Württemberg befürworten würden. 41 Prozent sagten „Ja“. 48 Prozent wäre eine andere Koalition lieber. Die Grünen-Anhänger lehnten Grün-Schwarz noch deutlicher ab, zu 55 Prozent. Dagegen fänden 66 Prozent der potenziellen CDU-Wähler ein Bündnis mit den Grünen gut. Allerdings glauben nur 22 Prozent der Befragten, dass sie es besser machen würden als die zurzeit regierende SPD/CDU-Koalition.
Forsa befragte vom 17. bis 26. Mai 1003 repräsentativ ausgewählte Berliner. Die Fehlertoleranz beträgt plus/minus drei Prozent.