Fotograf bringt mit seinen Aufnahmen Polizisten in Bedrängnis

Vor Gericht hatten Beamte einem Fotografen vorgeworfen, sie attackiert zu haben. Doch Videobilder zeigen, dass es anders war.

Der Foto- und Videograf Julian Stähle wurde verletzt. Ein Video, das den Vorfall aufzeichnete, bringt nun mehrere Polizisten in Erklärungsnot.<br>
Der Foto- und Videograf Julian Stähle wurde verletzt. Ein Video, das den Vorfall aufzeichnete, bringt nun mehrere Polizisten in Erklärungsnot.
Julian Stähle

Brandenburg/Havel-Ein Fall mutmaßlicher Polizeigewalt hat am Mittwoch den Innenausschuss des Brandenburger Landtages beschäftigt. Hintergrund ist eine Auseinandersetzung, die sich im September 2019 bei einem SEK-Einsatz in einem Waldstück bei Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark) abspielte. Der Fotograf Julian Stähle war danach wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte angeklagt worden. Doch Dank einer Videoaufnahme des 26-jährigen Reporters stellte sich heraus: Er wurde selbst das Opfer eines gewalttätigen Ordnungshüters. 

Stähle war fünf Wochen krank geschrieben. Er erlitt Verletzungen am Hals und am Arm. Seine Kamera ging zu Bruch, doch die Speicherkarte blieb intakt. Das brachte die Wende in dem Fall. Denn auf der Karte ist ein Video gespeichert, das die Aussagen von zwei Polizisten widerlegt. Polizisten hatten dafür gesorgt, dass Stähle Mitte August vor Gericht erscheinen musste. Doch der Fotograf war nicht als Opfer geladen, sondern als Täter. Er soll den Polizeieinsatz behindert und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet haben. Stähle habe die Absperrung durchbrochen und anschließend den Polizisten mit dem Objektiv angestoßen. Daraufhin habe sich der Beamte umgedreht, woraufhin Stähle ins Straucheln geriet und dann von alleine stürzte. Diese Aussage bestätigte ein Kollege vor Gericht. 

Doch der Schwindel flog auf, weil Stähles Anwalt im Prozess eine Aufzeichnung aus der Videokamera des Fotografen präsentierte. Die Aufnahme dokumentiert auf 70 Sekunden, wie sich die Situation tatsächlich zugetragen hat, als der Reporter einen SEK-Einsatz dokumentieren wollte, weil sich ein mutmaßlicher Sexualstraftäter in einem Gebäude versteckt hatte. Das Beweisstück zeigt, wie der Fotograf etwa drei Meter vor der Absperrung der Polizei steht und einen Polizisten nach seinem Namen und seiner Dienstnummer fragt. Kurz darauf bringt ihn der Beamte gewaltsam zu Boden und würgt ihn, sodass der 26-Jährige röchelt und keine Luft mehr bekommt. 

Gegen die beiden Polizisten wird nun wegen des Verdachts der Falschaussage und wegen Körperverletzung im Amt ermittelt. „Gegen sie wurde außerdem ein Disziplinarverfahren eingeleitet“, sagte ein Polizeisprecher. Das Brandenburger Innenministerium hat das Vorgehen der Polizei am Mittwoch im Innenausschuss des Landtages in Potsdam verteidigt. Der Fotoreporter habe sich den Anweisungen der Polizei bei dem Einsatz widersetzt und sich hinter einer Absperrung aufgehalten, sagte Polizei-Abteilungsleiter Herbert Trimbach. Die Ermittlungen in dem Fall seien noch nicht abgeschlossen.