Fragwürdige Schüler-Tipps in Brandenburg: Mädchen sollen Flüchtlinge nicht ansehen und keine kurzen Röcke tragen

Michendorf - Eine Episode verdeutlicht, wie schwer es vielen Menschen fällt, mit der zunehmenden Anzahl von Flüchtlingen im Alltagsleben umzugehen. Seit Anfang Juni sind in der Turnhalle eines Gymnasiums in Michendorf (Potsdam-Mittelmark) etwa 100 Flüchtlinge untergebracht. Sie leben dort in unmittelbarer Nähe zu den mehr als 550 Schülern, die die Schule besuchen und nun Sportunterricht auf einem benachbarten Sportplatz haben.

Der Schulleiter des Wolkenberg-Gymnasiums hatte deshalb am 10. Juni seinen Schülerinnen und Schülern eine Belehrung, wie er es nannte, verordnet. „Die Schüler wurde darüber informiert, dass Mimik und Gestik sowie Kleiderordnung von Menschen aus anderen Kulturkreisen falsch verstanden werden könnten“, teilte er der Berliner Zeitung schriftlich mit. Die sogenannten Belehrungen wurden dann von Klassen- und Fachlehrern durchgeführt.

Keine Getränke und Zigaretten

Dabei sind Schülerinnen davor gewarnt worden, die Asylbewerber offen und mit festem Blick anzusehen. Diese Blicke könnten von den Flüchtlingen falsch verstanden werden, hieß es. Auch wurde darauf hingewiesen, dass unter den Flüchtlingen, die aus Kamerun, Pakistan, Tschetschenien, Serbien und Bosnien stammen, etwa 30 meist männliche Alleinreisende seien.

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In einzelnen Gruppen wurde auch Schülerinnen geraten, auf Mini-Röcke oder besonders kurze Hosen zu verzichten. Der Schulleiter wies am Mittwoch darauf hin, dass er nicht selbst diese Kleidungsempfehlung ausgesprochen habe. Allerdings hätten seine Lehrer das Verständnisniveau der jeweiligen Klassen zu berücksichtigen gehabt. Zudem ging allerdings auch noch der Hinweis an die Schüler, von den Flüchtlingen keine Getränke oder Zigaretten anzunehmen, um sich vor möglichen Infektionskrankheiten zu schützen.

Bauzaun aufgestellt

Kritik an den nun öffentlich gewordenen Hinweisen kam unter anderen vom zuständigen Landrat Wolfgang Blasig (SPD). Es müsse um eine Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen gehen, sagte er.

Der Schulleiter selbst teilte am Mittwoch folgendes Statement mit: „Ich bedaure, dass meine Äußerungen missverständlich aufgenommen wurden. Wir wollen und müssen diesen Menschen, die unter teils furchtbaren Bedingungen den Weg nach Brandenburg gefunden haben, helfen.“ Das Potsdamer Bildungsministerium sieht jedenfalls keinen Grund, hier noch in irgendeiner Weise einzuschreiten, wie Sprecher Florian Engels mitteilte.

Derzeit trennt ein hoher Bauzaun die Sporthalle vom Rest des Schulgeländes. Doch die Flüchtlinge können die Schulsporthalle bald verlassen. Mitte Juli sollen die Asylbewerber eine richtige Unterkunft erhalten.