Fraktionsklausur in Sommerfeld: Die Grünen verteidigen ihre Verkehrspolitik

Zur Stimmung in der Grüne-Fraktion so viel: Bei der Fraktionsklausur im brandenburgischen Sommerfeld (Oberhavel) war sie am Donnerstagabend so ausgelassen, dass andere Gäste in dem Erholungshotel mit der Abreise drohten. Fraktionschefin Antje Kapek musste die Abgeordneten, Senatoren und Mitarbeiter nach Ermahnung des Personals aus dem Vorgarten ins Haus komplementieren.

Drei Tage verbrachte die Fraktion zum Ende der Sommerpause am nördlichen Berliner Stadtrand. Teambuilding sei ein wesentliches Ziel, sagte Kapek. Immer wieder wurde aber auch deutlich, dass die Grünen zusammenrücken, weil sie sich unter Druck gesetzt fühlen. Die Verkehrspolitik ist ihr Kernthema, und die Maßnahmen zur Förderung des Rad- und Begrenzung des Autoverkehrs werden heftig kritisiert.

Verkehrssenatorin Regine Günther ließ sich anmerken, dass die Angriffe sie nicht unberührt lassen. „Wir ziehen eine gerade Furche. Auch wenn wir dafür derzeit wenig Applaus kriegen“, sagte sie. In ihrem Vortrag betonte sie, dass der Senat auch unter ihrer Verantwortung den Autoverkehr nicht vernachlässige. Der Fokus müsse aber auf dem Erhalt der Infrastruktur liegen, nicht auf dem Neubau, laut Landesrechnungshof liege Berlin dabei 1,3 Milliarden Euro im Rückstand.

Die Förderung anderer Verkehrsträger sei aber keineswegs ideologisch getrieben, betonte sie und berichtete von ihrer Sommerreise. Günther studierte die Verkehrspolitik in London, Paris, Wien und Moskau. Ihr Fazit: „Das bisherige Modell der Mobilität stößt rund um die Welt an seine Grenzen.“ Andere Städte ergriffen viel radikalere Maßnahmen, um die Luft zu verbessern.

„Ich möchte, dass Berlin bei diesen Themen in die Pole Position kommt“

In London bekämen ab 2018 nur noch Elektrobusse und -taxis eine Zulassung. Moskau habe in großer Zahl Elektrobusse angeschafft. Auch in Deutschland müsse der Staat handeln. An den großen Straßen Berlins seien 25.000 Anwohner zu hohen Stickoxidwerten ausgesetzt. „Die Luftbelastung beeinträchtigt die Gesundheit der Menschen signifikant.“

Wo Günther ihren Kritikern zu weit geht, bleibt sie für andere hinter den Erwartungen zurück. Peter Feldkamp von der Deutschen Umwelthilfe war zu Gast bei den Grünen. Sein Verband hat bereits in anderen Städten Fahrverbote für Diesel-Pkw durchgesetzt. Auch in Berlin seien Maßnahmen nötig. „Die Zahl der Betroffenen ist viel dramatischer“, sagte er. Schließlich seien auf den besonders Stickoxid-belasteten Straßen täglich Zehntausende Fußgänger und Radfahrer unterwegs. Er rechne damit, dass die Gerichte auch in Berlin Fahrverbote verhängen. Den Grünen warf er vor, zu wenig zu tun, um den Autobestand in Berlin zu verringern.

Fraktionschefin Kapek hörte sich das an, betonte aber, dass Innovationen etwa beim Carsharing den Verkehr in den letzten Jahren viel stärker verändert hätten als Verbote. „Ich möchte, dass Berlin bei diesen Themen in die Pole Position kommt.“ Die Fraktion fasste dann auch einen Beschluss, der die Ziele zusammenfasst. Unter anderem fordern die Grünen Elektrobusse für die Stadt. Schüler sollen sie kostenlos benutzen können, das Schülerticket wollen die Grünen kostenlos machen. Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft.