Franziska Giffey: Vom linken Berlin verschmäht und jetzt gebraucht

Die Regierende Bürgermeisterin durchlebt schwere Stunden. Doch am Ende könnte sie als angekratzte Siegerin vom Platz gehen. Wer weiß? Ein Kommentar.

Franziska Giffey  am Wahlabend
Franziska Giffey am WahlabendFabian Sommer/dpa

Franziska Giffey, immer noch Regierende Bürgermeisterin dieser Stadt, hat persönlich schwere Stunden zu durchleben. 2021 zur Bürgermeisterin gewählt, gestolpert über eine schlecht organisierte Wahl, quasi abgewählt bei einer Wahlwiederholung, in der Themen wie Sicherheit und Ordnung sich plötzlich auf die Agenda drängten, als wären sie die wichtigsten Probleme, die es in Berlin zu lösen gilt.

Die CDU hat gewonnen, doch auch die SPD erhebt den Regierungsanspruch. Man könnte jetzt sagen: Franziska Giffey klebt an der Macht. Man könnte aber genauso gut sagen: Sie verteidigt ihr politisches Erbe – als Sozialdemokratin, die keinen Hehl daraus gemacht hat, im Herzen so sozial zu sein wie es ihr zweites, in ihrer Brust ebenfalls laut schlagendes liberales Herz nur zulässt.

Franziska Giffey könnte ein angeschlagenes Comeback feiern

In der Berliner SPD hat sie nicht nur Unterstützer. Das weiß man. Es ist kein Geheimnis, dass der Berliner Landesverband links der Mitte steht und dass einige Stimmen in der SPD noch vor der ersten, missglückten Berlin-Wahl Franziska Giffey als „neoliberal“ bezeichnet hatten. Dieser Kampfbegriff ist eine Frage der Perspektive. Man spürte in den vergangenen Monaten jedenfalls deutlich, dass Giffey es nicht immer leicht hatte, ihr Programm des Ausgleichs und der Mitte in einem doch sehr linken Berlin durchzusetzen.

Nun geht Franziska Giffey in die Sondierungsgespräche. Eine Koalition mit der CDU, die für ihre ideologische Ausrichtung das naheliegendste Programm zu bieten hätte, würde zugleich das Ende ihrer Karriere als Regierende Bürgermeisterin besiegeln. In dieser Situation steckt ein Hauch Tragik. Und dafür sollte man, bei aller Kritik, auch Verständnis zeigen. Denn anschreien und pöbeln, das können die Berliner schon auf den Straßen recht gut. Das muss sich nicht aufs politische Parkett verschieben.

Und mal ehrlich: Sollten die Grünen eine Koalition mit der CDU blockieren und die linke SPD ein Bündnis mit der CDU, könnte es durchaus sein, dass Franziska Giffey ihr Comeback feiert. Und dann nicht nur, weil sie es will. Sondern auch – Ironie des Schicksals –, weil das linke Berlin sie braucht. 

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