„Freedom Day“? Ein echtes Ende der Maskenpflicht gibt es in Berlin nicht
Wer weiter eine FFP2-Maske zum eigenen Schutz tragen will, kann das tun: Das gilt ab heute im Berliner Nahverkehr. Warum nicht auch in Arztpraxen und Kliniken?

Wenn man sich zur Pandemie äußert, wird man sehr schnell missverstanden, so ist das nach drei Jahren Dauerstreit. Deshalb vorab: Ich habe nichts gegen FFP2-Masken, ich trage sie manchmal sogar selbst noch. Freiwillig. Eine korrekt sitzende Maske kann ein Schutz sein vor Erregern in der Atemluft, das haben Studien im Labor gezeigt, und ich hoffe darauf, dass das auch im Alltag funktioniert.
Für eine Maskenpflicht spricht zum jetzigen Zeitpunkt in der Pandemie aber nichts mehr, und endlich gibt es ja in Berlin auch keine Maskenpflicht mehr – oder? „‚Freedom Day‘, endlich!“ Das rief ein Kollege heute Morgen in der Konferenz.
Aber das stimmt leider nicht. In Bussen und Bahnen muss man seit Donnerstag in Berlin keine Maske mehr tragen. Eine Maskenpflicht gilt aber weiter. Das ist in den „Basisschutzmaßnahmen gegen das Coronavirus“ festgelegt, die man beim Senat nachlesen kann. In Arztpraxen, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Unterkünften für Obdachlose muss weiter Maske getragen werden. FFP2, „ohne Ventil“. Das gilt für jeden, der sich dort aufhält, auch für Kinder ab sechs Jahre, die allerdings OP-Masken benutzen dürfen. Nur im eigenen Zimmer darf man im Krankenhaus oder Pflegeheim die Maske absetzen.
Warum dürfen Pflegeheimbewohner nicht selbst entscheiden?
Warum überlässt man nicht auch hier jedem selbst, ob er die FFP2-Maske festzurren und sich schützen will? Es gibt Bereiche, in denen eine Pflicht für alle sinnvoll sein kann: überall dort, wo der höchstmögliche Infektionsschutz geboten ist, etwa auf Krebsstationen. Da sollte jeder FFP2 tragen müssen – und darauf geachtet werden, dass die Masken richtig sitzen. Aber warum müssen Klinikpatienten mit psychischen Leiden, mit chronischen Schmerzen, Menschen im Wartezimmer vom Zahnarzt eine FFP2-Maske tragen, wenn sie das nicht selbst wollen? Warum dürfen Pflegeheimbewohner nicht selbst über ihren Schutz entscheiden, wenn sie ihr Zimmer verlassen?
Wer diese Maskenpflicht jetzt verteidigt, weil es ja auch andere Atemwegsviren gibt, weil immer irgendetwas passieren kann, der wird sie noch im Sommer verteidigen, noch in einem Jahr, noch in fünf. Wollen wir das, ist uns das egal – oder hoffen wir noch, dass es anders geregelt wird?
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