Gästehaus der Berliner Republik: Die wahre Geschichte des Hotels Adlon

Berlin - Das Hotel Intercontinental hat den größeren Ballsaal, das Hotel de Rome den längeren Pool und das Waldorf Astoria zur Zeit die Schlagzeilen. Doch das Hotel Adlon hat der Konkurrenz zwei Dinge voraus – seine Geschichte und die Lage am Brandenburger Tor. Und die Vermischung aus beiden macht es zu einem Spiegel der deutschen Geschichte. Der dreiteilige Spielfilm, den das ZDF zurzeit zeigt, endet in den Jahren der DDR.

Die Erfolgsgeschichte des Luxushotels aber geht nach der Wende weiter. Das neue Hotel Adlon wurde zum Gästehaus der Berliner Republik. Die Eröffnung des wieder aufgebauten Adlon am 23. August 1997 war daher nicht nur eine Hoteleröffnung, sondern fast schon ein Staatsakt mit dem damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog. Er hatte bereits vor der offiziellen Einweihung dort seine berühmteste Rede gehalten („Durch Deutschland muss ein Ruck gehen.“).

Die Berliner hassten das Adlon

Bei der ersten Eröffnung des Hotels am 23. Oktober 1907 hatte sich Kaiser Wilhelm II. vorbehalten, als erster das Adlon zu betreten. Und so war er selbstverständlich Ehrengast. Es war dasselbe Jahr, in dem das Kaufhaus KaDeWe am Wittenbergplatz eröffnete sowie das Strandbad Wannsee. Der Bau des Adlon kostete damals 17 Millionen Goldmark. Das entspricht in heutigem Geldwert rund 350 Millionen Euro.

Bei den Berlinern war das Adlon allerdings zunächst verhasst, wie der Schriftsteller Walther Kiaulehn in seinem Buch „Berlin, Schicksal einer Weltstadt“ schreibt, „weil für den Hotelbau das geliebte, schöne Palais Redern abgerissen wurde, dessen Front von Schinkel stammte“. Eigentlich hätte das Haus gar nicht verkauft werden dürfen. Aber der Kaiser hatte das Geschäft gebilligt, weil der Palais-Besitzer Graf Redern zuvor in einer Woche sein ganzes Vermögen verspielt hatte. Bei den Berlinern wurde das Adlon laut Kiaulehn erst in der Weimarer Republik populär, „als Stresemann hier öfter Tee trank, um sich bei der Kunst der Geigenvirtuosen zu entspannen, die hier täglich musizierten“. Lebenslanger Stammgast im Adlon war der Schriftsteller Gerhart Hauptmann.

Das Haus entwickelte sich rasch zu einem Schauplatz mondänen Lebens, zum Treffpunkt internationaler Gäste. Adelsfamilien verkauften ihre Winterpalais in Berlin, um während der Ballsaison in den Suiten des Adlon zu residieren. Prominente wie die Schauspielerinnen Greta Garbo und Marlene Dietrich, der Wissenschaftler Albert Einstein sowie der Sänger Enrico Caruso logierten hier. Von Charlie Chaplin ist überliefert, dass ihm auf dem Weg ins Hotel einst die Hosen runterrutschten, weil Fans die Knöpfe von den Hosenträgern rissen. Der Schriftsteller Thomas Mann wohnte im Adlon auf dem Weg nach Stockholm, wo ihm 1929 der Literatur-Nobelpreis übergeben wurde.

In der Nazizeit hingen zwar Hakenkreuzfahnen am Adlon, aber die NS-Prominenz logierte lieber im Kaiserhof in der Wilhelmstraße. Historiker gehen davon aus, dass den Nazis die Atmosphäre des Hotels zu international war. Den Zweiten Weltkrieg überstand das Adlon lange Zeit nahezu unbeschädigt. Erst in der Nacht vom 2. zum 3. Mai 1945 brannte das Haus bis auf einen Seitenflügel aus. Nach einigen Zwischennutzungen wurde der letzte Teil des Hotels 1984 abgerissen.

Der Wiederaufbau des Adlon wurde nach dem Fall der Mauer möglich. Die Witwe von Louis Adlon, Hedda Adlon, hatte der Kempinski Hotelbetriebsgesellschaft schon früh das Ankaufsrecht auf das Grundstück und auf den Namen Adlon übertragen. Zur Finanzierung des Vorhabens verkaufte Kempinski das Projekt mit allen Rechten an die Fundus-Fonds-Verwaltungen GmbH und erhielt dafür einen langfristigen Pachtvertrag. Im Vergleich zu seinem Vorgängerbau hat das neue Adlon ein Geschoss mehr. Dadurch erhöht sich die Wirtschaftlichkeit.

Das neue Adlon ist wieder so international wie das erste Hotel. Die Gäste kommen aus aller Welt. Der Dalai-Lama war hier ebenso wie Queen Elizabeth, Staatsmänner wie Michail Gorbatschow und Bill Clinton, der King of Pop Michael Jackson und Schauspieler wie Dustin Hoffmann und Richard Gere. Über die Vorlieben und Gewohnheiten der prominenten Gäste wird selbstverständlich nur wenig gesagt.

Von US-Präsident George W. Bush, der im Mai 2002 hier logierte, heißt es, er sei ein sehr freundlicher Gast gewesen. Natürlich hatte der Secret Service das Haus komplett in Beschlag genommen. Er gönnte sich nur kurze Nachtruhen im Adlon. Bereits um fünf Uhr morgens frühstückte er mit seinem Außenminister Colin Powell in der Präsidentensuite – wo sonst. Der US-Präsident bestand darauf, dass die Porzellantasse, aus der er trank, eine Stunde lang mit heißem Wasser ausgekocht wurde. Beim Essen ging er ebenfalls kein Risiko ein – serviert wurden ihm Lebensmittel, die er eigens aus den USA mitgebracht hatte.

Der King of Pop Michael Jackson löste bei seinem Aufenthalt im Adlon im November 2002 Entsetzen aus. Der Grund: Jackson hatte seinen neun Monate alten Sohn Prince Michael II. aus einem Fenster im vierten Stock gehalten, um das Baby seinen Fans zu zeigen. Viele Zuschauer der Szene hielten den Atem an, weil Jackson den Kleinen über die Fensterbrüstung hielt. Es ging jedoch alles gut aus.

Weniger glimpflich ging ein anderer Aufenthalt im Adlon aus: Zur Jahreswende 2001/2002 hatte sich der damalige Chef der Deutschen Bundesbank, Ernst Welteke, gemeinsam mit seiner Familie anlässlich der Feierlichkeiten zur Euro-Einführung für vier Nächste am Pariser Platz einquartiert. Die Rechnung in Höhe von 7661 Euro ließ Welteke von der Dresdner Bank begleichen.

Nachdem das bekannt geworden war, wurde Welteke im Jahr 2004 zum Rücktritt gedrängt. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Vorteilsnahme wurden später gegen eine Zahlung von 25.000 Euro eingestellt. Am Ende zahlte Welteke die Kosten für den Hotelaufenthalt zur Hälfte, den Rest übernahm die Bundesbank.