Gelbe Straßen an Siegessäule in Berlin: Polizei ermittelt gegen Greenpeace-Aktivisten
Sauerei oder politisches Statement? Vermutlich beides. Pünktlich zur ersten Sitzung der von der Bundesregierung eingesetzten Kohlekommission hat Greenpeace Dienstagmorgen den Großen Stern in Berlin in eine gelbe Sonne verwandelt. Zumindest will die Umweltorganisation die Aktion so interpretiert wissen. Ihr Motto: „Sonne statt Kohle.“
3500 Liter gelbe Farbe – nach Angaben von Greenpeace umweltfreundlich und abwaschbar – wurden morgens um 7.30 Uhr auf den Kreisverkehr mit der Siegessäule in der Mitte aufgebracht. Dazu ließ ein Lkw Farbe auf die Fahrbahn laufen. Den Rest besorgten die folgenden Autos, die das Gelb verteilten. Auf den Verkehrsinseln an den Zufahrtsstraßen waren Fahrräder mit Anhängern samt Farbrollen unterwegs.
„Wir haben keinen Schaden angerichtet“
Unter dem Eindruck des starken politischen Bildes ist die Kommission zum Kohleausstieg am Vormittag erstmals zusammengekommen. Das Gremium, in dem 31 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaften und auch Umweltverbänden wie Greenpeace selbst sitzen, soll bis Ende des Jahres ein Datum für den Ausstieg aus der Stromgewinnung aus Kohle sowie Perspektiven für neue Jobs in den Kohleregionen vorschlagen. Außerdem geht es um Maßnahmen, wie die Lücke zu Schutzzielen minimiert werden kann, die im Pariser Klimavertrag für das Jahr 2020 festgeschrieben wurden.
Während die Fachleute unter Vorsitz von Matthias Platzeck (SPD), Ex-Ministerpräsident des Kohlelandes Brandenburg, tagten, war die Berliner Stadtreinigung (BSR) bis nachmittags damit beschäftigt, die Fahrbahn wieder Asphalt-grau hinzubekommen. Drei Spülwagen und fünf Kehrmaschinen beseitigten das Gelb nach und nach. Das Gemisch wird in einem Entwässerungscontainer gesammelt, wo es von einer Spezialfirma entsorgt werden soll.
Für eine fachgerechte Entsorgung muss die Zusammensetzung der Farbe bekannt sein. Möglicherweise hilft dabei ein hydrologisches Gutachten, das sich Greenpeace zuvor eingeholt hat und das die Farbe als unbedenklich einstuft. Auch mit einem Rechtsanwalt hatte sich Greenpeace über zivilrechtliche Konsequenzen beraten. Fazit, so Greenpeace-Sprecher Christoph von Lieven: „Wir sehen keine großen Risiken für uns oder jemand anders. Wir haben keinen Schaden angerichtet.“
„Irre Farbschmiererei“
Die Umweltschützer hatte Radfahrer und Fußgänger mit Schildern davor gewarnt, dass der Straßenbelag rund um den Großen Stern an diesem Morgen rutschig sein könnte. Vereinzelt kam es offenbar dennoch zu Stürzen. Wie Polizeisprecher Carsten Müller sagte, hatte die Polizei zur Mittagszeit noch keinen Überblick. „Sollte es aber Stürze gegeben haben, können die Betroffenen auch später bei jeder Polizeidienststelle Anzeige erstatten.“
Immerhin löste sich die Farbe zumindest von Fahrradreifen schon nach kurzer Fahrt wieder, bei Autos soll es ähnlich gewesen sein. Dennoch könnten sich Autobesitzer genötigt und deshalb bemüßigt fühlen, den Verursachern die Rechnung für eine Wäsche zukommen zu lassen.
Erste Konsequenzen gibt es bereits. Wie die Polizei mitteilt, hat sie Strafermittlungsverfahren eingeleitet – zum einen wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, zum anderen wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Insgesamt habe man 15 Personen mit Plakaten und Transparenten festgestellt.
Kritik empfängt Greenpeace unter anderem von der hauptstädtischen CDU. So nannte der verkehrspolitischer Sprecher im Abgeordnetenhaus, Oliver Friederici, die Aktion eine „irre Farbschmiererei“ und „unglaubliche Schweinerei“. „Greenpeace muss für die Reinigung sowie für alle weiteren Konsequenzen aufkommen und sich bei den Berlinern entschuldigen“, sagte er.