Genossenschaften klagen gegen Mietendeckel
Berlin habe keine Kompetenz für eine solche Regelung, argumentieren die Anwälte. Die Senatsverwaltung zeigt sich wenig beeindruckt.

Berlin - Genossenschaften gehören mit einer durchschnittlichen Miete von 5,66 Euro je Quadratmeter zu den Anbietern preisgünstigen Wohnraums in der Hauptstadt – trotzdem haben vier Berliner Genossenschaften neben anderen Vermietern vor dem Bundesverfassungsgericht nun Klage gegen den Mietendeckel eingereicht: Die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892, die Charlottenburger Baugenossenschaft, die Erste Wohnungsgenossenschaft Berlin-Pankow und die Wohnungsgenossenschaft Marzahner Tor.
Dem Land Berlin fehle die Gesetzgebungskompetenz für eine eigene mietenrechtliche Regelung, argumentieren die Anwälte der Genossenschaften. Den Ländern stehe es nicht zu, Entscheidungen des Bundesgesetzgebers nachzubessern, mögen sie diese auch als unzureichend empfinden. Selbst wenn das Land die Kompetenz für eine solche Regelung hätte, wären die Mietendeckel-Vorschriften des Landes nichtig. Denn Bundesrecht breche Landesrecht überall dort, wo Vorschriften auf denselben Sachverhalt anwendbar seien und zu verschiedenen Ergebnissen führen. Das sei hier der Fall.
Weshalb es notwendig sein sollte, Mieten unterhalb des selbst definierten Obergrenzen einzufrieren und unter das selbst als sozial verträgliche angesehene Mietniveau von Sozialwohnungen abzusenken, sei „nicht erklärbar“. Der Verzicht auf den Mietendeckel wäre „nicht nur ein milderes, sondern vor allem wirksameres Mittel, um den zügigen Neubau von Wohnungen für untere und mittlere Einkommensgruppen wieder zu ermöglichen“. Im übrigen seien die Vorschriften „nicht zumutbar“. Entgegen der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stelle der Landesgesetzgeber „die Belange von Vermietern hintan, entkoppelt die Miete vollständig vom Markt und macht die Vermietung von Wohnraum unwirtschaftlich“. Im Vertrauen auf das Bundesrecht getätigte Investitionen würden „substanziell entwertet, teilweise sogar gänzlich entzogen“. Die Härtefallregelung vermöge dies nicht aufzufangen.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zeigt sich wenig beeindruckt. „Genossenschaften haben auch schon in der Vergangenheit immer wieder den Wunsch bekräftigt, von dem Gesetz ausgenommen zu werden“, so eine Behördensprecherin. Eine Ausnahme für die Genossenschaften sei aber aus rechtlichen Gründen nicht möglich. „Die Klage ist ein weiterer Baustein, mit dem sich die Genossenschaften gegen das Mietendeckelgesetz wehren, unserer Auffassung nach aber nicht im Sinn des Gemeinwohls“, so die Sprecherin.
Der CDU-Abgeordnete Christian Gräff bezeichnete den Gang vors Gericht als „eine Art Hilferuf“. Der FDP-Abgeordnete Stefan Förster sagte, die Klage sei verständlich. Die Initiative „Die Genossenschafter:Innen“, die sich 2019 aus Protest gegen die ablehnende Haltung einiger Genossenschaften zum Mietendeckel gegründet hat, kritisiert indes den Gang nach Karlsruhe. Gerade die vier Genossenschaften hätten „in den letzten Jahren viel Geld angehäuft��.