Matcha Iced Latte mit Hafermilch: Moabit wird von Hipstern übernommen

Die Gentrifizierung hat jetzt auch den Stadtteil erreicht, in dem die JVA steht. Immer mehr Hipster ziehen nach Moabit und die Folgen sind schon jetzt zu sehen.

Shishas und dreckige Stadtluft – so riecht Moabit. Doch selbst dieser Stadtteil wird mehr und mehr durchgentrifiziert, auch die Gegend rund um die Turmstraße.
Shishas und dreckige Stadtluft – so riecht Moabit. Doch selbst dieser Stadtteil wird mehr und mehr durchgentrifiziert, auch die Gegend rund um die Turmstraße.www.imago-images.de

Alte Polstersessel stehen um niedrige Tische herum. An den Wänden werden Holzpaletten gestapelt, die mit weißen Sitzkissen zu Sofas umfunktioniert werden. Grüner Efeu und Lichterketten zieren die graue, unverputzte Wand, an der „Animals are friends, not food“ steht. Es läuft Lo-Fi-Cafémusik. Natürlich bedient man sich hier selbst, die Schlange am Tresen ist lang. Die Barista serviert Matcha Iced Latte mit Hafermilch für fünf Euro. Dazu gibt es veganes Banana Bread und Zimtschnecken. Ganz klar: Dieser Ort ist ein Hipster-Café.

Wer hier in gekrümmter Sitzhaltung in seinen mit Stickern beklebten Laptop tippt, trägt Birkenstocks oder DocMartens, eine Radlerhose und einen übergroßen Vintage-Hoodie – natürlich alles bei Humana gekauft. Unter dem Tisch steht ein Jutebeutel mit der Aufschrift „liberté, egalité, weinschorlé“, aus dem eine Club-Mate-Flasche herausschaut.

Der Kollwitzkiez und die Weinmeisterstraße sind bekannt für diese Lokale. Doch seit geraumer Zeit entstehen solche Cafés auch in Moabit. Der einzige Unterschied zu einem minimalistisch eingerichteten Coffeestore in Mitte: Hier wird kein Englisch gesprochen und Touristen verirren sich noch nicht hierher.

Moabit: Ein einstiges Arbeiterviertel

Diese Cafés stehen sinnbildlich für die Gentrifizierung des ursprünglichen Arbeiterviertels, wo über die Hälfte der Einwohner einen Migrationshintergrund hat. Neben den U-Bahn-Stationen Turmstraße und Birkenstraße ist man hier eigentlich nur mit dem Bus angebunden.

Fahrradreparaturen werden auf einmal nicht mehr von älteren Männern in Karohemden, sondern von jungen Studenten betrieben, die auch in ihrem WG-Zimmer ein Mountainbike über dem Ikea-Bett hängen haben. Alternativ dekoriert ein Surfbrett die Wand. In dem Stadtteil, wo sich früher die Dönerläden in Barbershops und türkische Bäckereien einreihten, steht heute das Wort „vegan“ an jeder Straßenecke.

In letzter Zeit laufen immer mehr junge Menschen über Moabits Straßen. Die Outfits der Newcomer lassen keinen Zweifel an ihrem studentischen Dasein. „Wir erfüllen uns den Traum vom Berliner Altbau mit hohen Decken, Stuck und Flügeltüren. Auch, wenn wir dafür nach Moabit ziehen müssen“, ist das Credo.

Leider hat sich herumgesprochen, dass es in der Umgebung der JVA Altbauwohnungen gibt, die vor kurzem noch erschwinglich waren, es wegen der steigenden Beliebtheit nun aber nicht mehr sind. So übel ist es in Moabit auch wirklich nicht: Der Hauptbahnhof ist zu Fuß zu erreichen, das Spreeufer lädt zum Joggen ein, und die Gastronomie hat unterdessen auch Veganern etwas zu bieten. Was jetzt noch fehlt, sind Yogastudios, Öko-Babykleidung und Skatershops.