Geplante S-Bahn-Ausschreibung: Chinesen wollen Berliner S-Bahn-Züge bauen
Das Interesse ist groß. Post kam aus Deutschland, Spanien, Tschechien, China. Zehn Firmen sind dem Aufruf gefolgt, sich an der Vorbereitung der geplanten großen S-Bahn-Ausschreibung zu beteiligen. So steht es in einer Vorlage des Senats für den Hauptausschuss.
Wichtige Fragen wurden diskutiert: Sollen die S-Bahnen Tempo 120 schaffen? Wie könnten sie leiser werden? Doch anders als geplant wird das 306-seitige Papier an diesem Mittwoch noch nicht beraten. Auf Vorschlag der SPD wird das Thema vertagt.
Es geht um einen Milliardenauftrag – und um die Zukunft des nach der U-Bahn zweitwichtigsten Nahverkehrsmittels in der Region. Bis zu 1380 Wagen sollen im Zeitraum Ende 2026 bis 2033 geliefert werden. Geplant ist, sie auf den Stadtbahn- und Nord-Süd-Linien einzusetzen.
Berlin soll Eigentümer der neuen S-Bahn-Züge werden
Aber wer wird sie bauen? Und wer wird sie betreiben – das DB-Tochterunternehmen S-Bahn Berlin GmbH, das heute noch für den gesamten S-Bahn-Verkehr verantwortlich ist? Oder jemand anderes? Das soll 2021 am Ende des Vergabeverfahrens entschieden werden, das der Senat und die Unternehmensberatung KCW für diesen Herbst vorbereiten.
Das Besondere ist, dass zwei Modelle zur Wahl stehen. Entweder: Ein Unternehmen beschafft die Züge, wartet und fährt sie – so war es bisher. Die SPD hält ein solches Angebot aus einer Hand für sinnvoll. Oder: Ein Unternehmen baut die Züge und wartet sie, jemand anders fährt sie – dieses neue Modell hat bei den Grünen Befürworter. In jedem Fall soll Berlin Eigentümer der neuen Züge werden.
Welche Anforderung an die Berliner S-Bahn sind sinnvoll und welche nicht?
Doch welche Anforderungen an die S-Bahnen sind sinnvoll, welche nicht? Darum ging es bei der Markterkundung, über die Staatssekretär Ingmar Streese (Grüne) in seiner Vorlage für den Hauptausschuss berichtet. Alstom, Bombardier sowie ein Konsortium aus Stadler und Siemens nahmen daran teil, außerdem die S-Bahn Berlin GmbH und die Schienenfahrzeuge Export Import SFH Handelsgesellschaft aus Berlin.
Auch die spanischen Hersteller CAF und Talgo sowie die tschechische Škoda Transportation Group äußerten sich. Ebenfalls mit von der Partie: die CRRC ZELC Verkehrstechnik, ein Ableger des größten Schienenfahrzeugherstellers der Welt aus China. Von der China Railway Rolling Stock Corporation, die fast 200.000 Beschäftigte hat, stammen die chinesischen Hochgeschwindigkeitszüge, die Tempo 350 schaffen.
Bei der Markterkundung ging es unter anderem darum, ob der S-Bahn-Betrieb leiser werden könnte. „Die Standards wurden überwiegend als ambitioniert, aber noch angemessen eingestuft“, fasste Streese zusammen. Allerdings würde das nicht jeder Firmenvertreter unterschreiben. „Offenbar sollen die Anforderungen so hochgeschraubt werden, dass sie nur mit sehr viel Geld erfüllbar wären“, sagte einer.
SPD äußert Kritik: „Der Senat hält sich nicht an Absprachen“
„Einhellig abgelehnt“ wurde laut Senat der Vorschlag, das Höchsttempo von 100 auf 120 Kilometer pro Stunde anzuheben. Die Aufwand stünde in keinem Verhältnis zu der Fahrzeiteinsparung.
Sehr skeptisch wurde auch die Idee gesehen, die Netzspannung von 750 auf 1200 Volt, den Standard der S-Bahn Hamburg, zu erhöhen: „Das würde riesige Investitionen erfordern“, hieß es. „Die S-Bahnen, die Siemens und Stadler derzeit bauen, hätten in der folgenden Ausschreibung keine Chance.“
„Einige Passagen und Rückschlüsse daraus haben bei uns große Verwunderung ausgelöst“, kritisiert die SPD. „Der Senat hält sich nicht an Absprachen.“ Nun sollen erst der Koalitions-Arbeitskreis zur S-Bahn und der Koalitionsausschuss beraten.