Gerichtstermin: Fahrverbote für Dieselautos in Berlin wohl nur auf einzelnen Straßen

Der Donnerstag wird spannend für die Halter der mehr als 300.000 in Berlin zugelassenen Dieselfahrzeuge – und für alle anderen Dieselbesitzer in Deutschland. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt von 11 Uhr an über die Frage, ob auf der Grundlage des geltenden Rechts Dieselfahrverbote zulässig sind. Von dem Urteil wird es abhängen, wie das Verwaltungsgericht Berlin mit einer Klage der Deutschen Umwelthilfe umgeht. Der Verband hat das Land aufgefordert, mit strengeren Maßnahmen für saubere Luft zu sorgen, Dieselfahrverbote müssten dazu gehören.

Das Interesse ist groß. Im Saal sind keine Plätze mehr frei, teilte das Bundesverwaltungsgericht am Dienstag mit. Andreas Korbmacher ist der Vorsitzende Richter des 7. Revisionssenats, der voraussichtlich noch am Donnerstag das Urteil verkündet. Der 58-jährige Jurist, der seine Karriere in Berlin begann, ist es gewohnt, dass er im Rampenlicht steht. Auch der Streit um die Elbvertiefung, die er im November 2017 mit einer Abweisung der Klagen beendete, wurde breit diskutiert. Sein Vater Günter Korbmacher hat es ebenfalls schon in die Schlagzeilen geschafft. Der damalige Vorsitzende Richter des Asylsenats des Bundesverwaltungsgerichts wurde 1987 vor seinem Haus in Berlin-Lichterfelde von Mitgliedern der Revolutionären Zellen mit Pistolenschüssen verletzt.

Sind Länder und Kommunen ermächtigt, Fahrverbote zu verhängen?

Bei der Revisionsverhandlung in Leipzig geht es um zwei Verwaltungsgerichtsurteile, die auf Klagen der Umwelthilfe zurückgehen. In Düsseldorf und Stuttgart wurden die Bundesländer dazu verpflichtet, die Luftreinhaltepläne für beide Städte zu ändern – und dabei auch Fahrverbote zu prüfen. Betroffen wären in Stuttgart Dieselfahrzeuge unterhalb der Schadstoffklasse Euro 6 sowie Benzin- und Gasfahrzeuge unterhalb Euro 3.

Rechtskräftig wurden die Urteile aber bisher nicht. Die Länder entgegneten, dass das geltende Recht Fahrverbote nicht zulasse. Im Wege der „Sprungrevision“, an der nächsten Instanz vorbei, wurden die Fälle an das Bundesverwaltungsgericht weitergereicht.

„Das Kernthema wird sein, ob Länder und Kommunen schon jetzt dazu ermächtigt sind, Fahrverbote anzuordnen“, sagte Tilmann Heuser vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Grüne Plaketten gegen Feinstaubbelastung können sie bereits vorschreiben. Aber dürfen sie dies auch, wenn es um Stickoxide geht?

Fahrzeughersteller sollen Nachrüstkosten übernehmen

Unabhängig davon, wie das Gericht entscheidet: „Das Verfahren wird den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, bundesweit eine blaue Plakette einzuführen“, so Heuser. „Nur mit ihr wird es Städten möglich sein, die Einhaltung von Fahrbeschränkungen zu kontrollieren. Nur mit ihr werden Antragsverfahren mit Ausnahme- und Härtefallregelungen möglich sein. Der Druck auf den Bund wird wachsen, und das ist richtig so. “

„Ziel ist die volle Übernahme der Nachrüstkosten durch die Fahrzeughersteller“, forderte auch Staatssekretär Jens-Holger Kirchner (Grüne). Der Senat arbeite intensiv daran, den Luftreinhalteplan fortzuschreiben, teilte er auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Tino Schopf hin mit. Zunächst werde geprüft, wie sich Maßnahmen ohne Fahrverbote auf die Luft auswirken. „Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, um an allen Straßen die Grenzwerte einzuhalten, werden auch Fahrverbote geprüft.“ Wie berichtet untersucht der Senat aber auch, ob eine Verflüssigung des Verkehrs mit Tempo 30 die Luft ebenfalls verbessert – dann wären keine Verbote nötig. Im April soll auf der Leipziger Straße der erste Test dieser Art beginnen.

Noch ist nicht absehbar, wie die Klage ausgeht

„Wenn Fahrverbote wegen Stickoxid zulässig sind, gehe ich davon aus, dass sie nicht für die gesamte Berliner Innenstadt verhängt werden“, sagte Heuser. „Anders als beim Feinstaub konzentrieren sich hohe Stickoxidbelastungen auf Straßenschluchten.“ Nach rechtsstaatlichen Grundsätzen müssten sich Fahrverbote auf die stark belasteten Abschnitte beschränken – etwa auf die Leipziger Straße und die Hauptstraße.

Wie die Berliner Klage der Umwelthilfe ausgeht, ist noch nicht absehbar. „Die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts wird die Entscheidung am Donnerstag abwarten“, so Gerichtssprecher Stephan Groscurth am Dienstag. Ein Termin ist noch nicht anberaumt worden.