Germany’s Next Topmodel: Sara Nuru - das Leben nach Heidi

Berlin - Das Fotostudio in einem Kreuzberger Hinterhof ist grell ausgeleuchtet. Licht fällt auf halb leere Sushi-Boxen und auf den Vorhang, hinter dem sich Sara Nuru schnell aus einem silbernen Glitzerkleid schält, um gleich darauf in ein goldenes Glitzerkleid zu schlüpfen.

Das Shooting für einen Handyhersteller neigt sich dem Ende zu und die Fotografin ist noch nicht zufrieden. „Die Haare müssen irgendwie anders werden“, ruft sie. Flugs beginnt die Stylistin, neu aufzutoupieren. Schnell noch Glanzpuder auf die Arme und dann ab zurück ins Scheinwerferlicht.

Das Model Sara Nuru knipst ein Lächeln an und hält ein Smartphone in die Kamera. Gefühlte tausendmal wirft sie sich in Pose. Immer sieht ihr Lächeln echt aus. Die Fotografin ruft „Super!“ und „Toll sieht das aus!“ Jetzt müsste nur noch Heidi Klum um die Ecke kommen und wir wären mittendrin bei „Germany’s Next Topmodel“.

Vier Schauen in New York

Aber Heidi ist nicht da und dies ist auch keine Fernsehsendung, sondern das Leben danach. 2009 gewann Sara Nuru die vierte Staffel der Casting-Show. Drei Jahre später ist der Terminkalender der 23-Jährigen immer noch voller Aufträge: Fotostrecken für die Zeitschrift InStyle, Dreharbeiten für C&A, eine Kampagne für Dallmayr-Kaffee.

Bei der Berliner Fashion Week im Juli lief sie für Laurél, Guido Maria Kretschmer und Irina Schrotter. Sie will einen schwierigen Spagat schaffen: Auf der einen Seite internationale Laufsteg-Jobs ergattern, die Reputation als Model einbringen. Auf der anderen Seite braucht sie Werbekampagnen, Moderationen und TV-Spots, um Geld zu verdienen.

Es scheint, als würde der Spagat gelingen. „Ich kann von meinem Job längst leben“, sagt Nuru, die die erste dunkelhäutige Siegerin der Show war. Doch sieht sie sich selbst als Topmodel, als das, was die Show vorgibt hervorzubringen? Sara Nuru wiegelt ab: „Die Topmodel-Ära mit Namen wie Claudia Schiffer ist doch vorbei.“ Sie sei einfach ein Model, „das Geld vor der Kamera verdient.“

Kinorollen und Moderationen

Aufträge in Deutschland kommen mittlerweile häufig von selbst, durch Kinorollen („Otto’s Eleven“) und Moderationen hat sich die 1,77 Meter große Münchnerin mit äthiopischen Wurzeln im Gespräch gehalten. Doch im Ausland muss sie Castings besuchen, mit den gleichen Chancen wie alle anderen auch.

Im September war sie in New York, stellte sich bei zehn Designern vor und lief am Ende auf vier Schauen der New York Fashion Week, etwa für Cesar Galindo und die Edelmarke Gant. Es war das zweite Mal, dass Sara Nuru in New York dabei war, bei einem der wichtigsten Mode-Events der Welt.

Es war sehr angenehm, als klassisches Model zu arbeiten, ohne dass jeder gleich weiß, wer ich bin. In New York ging es darum, was für Bilder ich habe und ob ich laufen kann.“ Da die Resonanz gut war, will sie Anfang nächsten Jahres länger ins Ausland gehen, um gezielt Agenturen und Fotografen zu besuchen.

Der Sieg als Sprungbrett

In jedem Fall kann Sara Nuru als eine der wenigen Topmodel-Gewinnerinnen auf eine ansehnliche Karriere verweisen. Von Jennifer Hof, Gewinnerin aus Staffel drei und Inhaberin von 113 Zentimeter langen Beinen, hat man seit der Show kaum noch etwas gehört.

Jana Beller überwarf sich kurz nach ihrem Triumph in Staffel sechs mit der Klumschen Modelagentur. Und Vorgängerin Alisar Ailabouni sorgte nach dem Sieg eher durch Schlagzeilen über die Schulden ihrer Familie als durch Model-Jobs für Aufsehen.

Auch wenn es immer wieder Kritik an der Show gibt – daran, dass sie keine internationalen Karrieren hervorbringe oder wegen des Umgangs mit den Kandidatinnen – Sara Nuru würde wieder bei „Germany’s Next Topmodel“ mitmachen. „Ohne die Show wäre ich nicht da, wo ich heute bin.“ Der Sieg sei für sie ein Sprungbrett gewesen.

Längerfristig reiche die Popularität aus der Sendung aber nicht, um im Geschäft zu bleiben. Dafür müsse man täglich arbeiten. Sara Nuru sagt, sie habe ihren Weg gefunden. Ein Weg, der sie sehr oft nach Berlin führt. Weil sie auf Hotels keine Lust mehr hatte, hat sie jetzt eine Wohnung in Prenzlauer Berg gemietet. Dass die Beziehung zur Hauptstadt eine rein geschäftliche ist, daran lässt sie keinen Zweifel: „Meine Heimat bleibt München.“ Aber die Anonymität und die Vielfalt in Berlin, die gefallen ihr. „In München kenne ich ja schon jeden Obsthändler und jedes Restaurant.“