Berlin - Plötzlich waren sie weg, die Tempo-70-Schilder am Adlergestell. „Es gab keine Ankündigung, keinen Hinweis, rein gar nichts“, ärgerte sich eine Pendlerin aus Grünau. „Mittwochmorgen waren die Schilder nicht mehr da.“ Jetzt darf auch auf der langgezogenen Hauptverkehrsstraße im Südosten Berlins nicht schneller als 50 Kilometer pro Stunde gefahren werden. Doch das soll sich bald wieder ändern. Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) ordnete am Donnerstag an, dass die Tempo-70-Schilder wieder montiert werden. Das Ganze war ein „Missverständnis“, hieß es.
Die Autofahrer sind wütend. Einer von ihnen erzählte: „Meine Tochter fährt jeden Morgen übers Adlergestell, jetzt zum ersten Mal mit Tempo 50. Die anderen haben sie fast gelyncht, weil sie so langsam fuhr. Denen war noch nicht klar, dass da jetzt Tempo 50 gilt.“ Ein anderer berichtete, dass die Polizei gleich am Mittwoch mit Blitzern angerückt sei, um Temposünder zu fangen. „Wenn man solche Änderungen nicht richtig bekanntgibt, lässt sich natürlich reiche Beute machen“, berichtete der Autofahrer.
Mehr Platz für Fußgänger
Seit eh und je durfte auf den meisten Abschnitten des Adlergestells schneller als Tempo 50 gefahren werden. Zu DDR-Zeiten wurde die mit zwölf Kilometern längste Straße Berlins ausgebaut – größtenteils auf drei Fahrstreifen pro Richtung. In Internet-Blogs schlagen die Wellen hoch. „In anderen Städten wäre so eine Straße Tempo-80-Zone“, schreibt ein Autofahrer. Fazit: „Unsere grün-roten Autohasser haben wieder zugeschlagen.“
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Doch so einfach ist die Sache nicht. Bereits 2001, kurz vor dem Ende der damaligen Großen Koalition, gab es erste Pläne zur Umgestaltung des Adlergestells. Als Ausgleich für die A 113 nach Schönefeld soll die parallel verlaufende Bundesstraße 96a zu einer Stadtstraße zurückgebaut werden, hieß es. An dieser Planung hält die neue SPD/CDU-Koalition fest, auch wenn es noch keine Termine für den Umbau gibt.
„Das Adlergestell wird künftig nur noch zwei Fahrstreifen pro Richtung haben, außerdem mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer“, bekräftigte die Senatsverwaltung. Aber erst dann, wenn alle Umbauten fertig sind, soll Tempo 50 gelten, betonte Müllers Sprecherin Daniela Augenstein. Bis dahin bleibe es bei Tempo 70. „Alles andere wäre nicht vermittelbar.“
Dem Vernehmen nach hatte die senatseigene Verkehrslenkung Berlin vorschnell angeordnet, die Schilder zu entfernen. „Jetzt werden sie wieder angeschraubt. Das soll spätestens in den nächsten Tagen geschehen“, kündigte Augenstein an.