Ostkreuz, Rostkreuz: Dieser alte Spruch aus DDR-Zeiten stimmt nicht mehr. Der Knotenpunkt im Osten von Friedrichshain verändert sich rasant und bietet den Fahrgästen immer mehr Möglichkeiten. Bereits beschlossen ist, dass dort in Zukunft nicht nur S-Bahnen und Busse halten werden, sondern auch Regionalzüge und Straßenbahnen. Damit nicht genug: Jetzt wird darüber diskutiert, ob auch die U-Bahn der BVG zum Ostkreuz fahren könnte. Der Senat und die Deutsche Bahn sprechen darüber, ob es noch Platz für einen U-Bahnhof gäbe – die künftige Endstation der U-Bahn-Linie U 1.
Bislang drang von den Gesprächen nichts an die Öffentlichkeit. Doch dann brach Michael Müller (SPD), derzeit noch Stadtentwicklungssenator und künftig Regierender Bürgermeister von Berlin, überraschend das Schweigen. Als er sich am 9. Oktober beim dritten Mitgliederforum seiner Partei den Fragen von Genossen stellte, kam Müller auch auf das Ostkreuz zu sprechen.
Bessere Verbindung für Kreuzberg
Daraus werde ein Knotenpunkt, „wo Menschen aus der ganzen Stadt zusammenkommen, mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln. Das zu organisieren ist richtig und wichtig“, sagte der Senator. „Wir gehen jetzt noch einen Schritt weiter und sind jetzt mit der Bahn in der Abstimmung, ob wir nicht Flächen vorhalten für einen U-Bahn-Anschluss mit Umsteigemöglichkeiten.“
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In Bahnkreisen wurde bestätigt, dass es erste Gespräche gegeben hat. Wenn die U-Bahn-Linie U 1 über ihren derzeitigen Endpunkt Warschauer Straße hinaus zum Ostkreuz verlängert würde, könnte das mehrere Vorteile bringen. Zum einen bekämen viele Fahrgäste bessere Verbindungen, zum anderen würde das Ostkreuz weiter aufgewertet, hieß es. Die U 1 könnte zu einer wichtigen Ost-West-Route werden, die große Teile von Kreuzberg an den östlichen S-Bahn-Ring anschließt. Die weiten Umsteigewege über die Warschauer Straße, die heute noch zwischen U 1 und S-Bahn zurückzulegen sind, bliebe vielen Fahrgästen künftig erspart.
Chance nicht verbauen
Natürlich weiß man auch bei der DB, dass erst einmal die aktuellen Verkehrsprojekte abgeschlossen werden müssen. Planer und Bauleute haben derzeit schon viel zu tun. So wird in Mitte die U-Bahn-Linie U 5 verlängert, was mindestens bis Mitte 2020 dauern wird. Die Straßenbahnstrecke zum Hauptbahnhof, die wie berichtet Mitte Dezember in Betrieb geht, soll zum U-Bahnhof Turmstraße weitergebaut werden – das muss vorbereitet werden. Auch für den Tram-Anschluss zum Ostkreuz hat nicht mal das Genehmigungsverfahren begonnen.
So viel steht fest: Die Verlängerung der U 1 in Richtung Osten ist ein Projekt für die Zukunft. Doch damit es möglich bleibt, müssten jetzt die Voraussetzungen geschaffen werden, hieß es. Oben auf der Liste: Für den U-Bahnhof Ostkreuz müsse ein Platz gefunden werden, der nicht bebaut werden darf.
Jens Wieseke vom Fahrgastverband IGEB machte keine Hehl daraus, dass er andere Projekte für wichtiger hielte. „Wenn in Tegel nach dem Ende des Flugbetriebs ein Industrie- und Forschungspark entsteht, muss das Gelände einen Straßenbahnanschluss bekommen – Busse reichen dann nicht mehr aus“, sagte er. Doch es sei sinnvoll, sich die Option für einen U-Bahnhof am Ostkreuz nicht zu verbauen. „Wir haben nichts dagegen, eine Fläche vorzuhalten“, sagte Wieseke.