Gesundheitliche Risiken für Anwohner: Mediziner warnt vor Fluglärm am BER
Berlin - Im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses ging es am Mittwochnachmittag unter anderem um auditiven Stress, um chronobiologischen Stress sowie um Konzentrationsstörungen, Bluthochdruck und kardioviskuläre Erkrankungen als ihre Folgen. Zu Gast waren die Initiatoren des Volksinitiative für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr am BER. Sie hatten sich gewappnet mit medizinischem Sachverstand zu den Folgen von Lärmbelastung.
Die Initiative hat, wie berichtet, im vorigen Jahr rund 26.000 Unterschriften gesammelt. Damit haben ihre Vertrauensleute das Recht auf eine Anhörung im Abgeordnetenhaus. Aus formalen Gründen fordern sie freilich kein Nachtflugverbot am BER, denn das kann Berlin nicht beschließen, sondern Gespräche darüber mit der brandenburgischen Landesregierung.
Lärmbelastung wird unterschätzt
Fünf Vertreter kamen in den Ausschuss. Zunächst stellte einer von ihnen eine Rechnung auf. Ralf Müller legte dar, warum Flüge zwischen 22 und 6 Uhr aus Sicht der Initiative nicht nötig sind am BER. Demnach ließen sich die geplanten 360.000 Flugbewegungen auch dann bewältigen, wenn in den Randstunden keine Flüge erlaubt sind – laut gegenwärtigem Planfeststellungsbeschluss soll der Verkehr lediglich zwischen 0 und 5 Uhr ruhen. Es gäbe sogar Kapazität für 400.000 Flüge, rechnete Müller vor. „Das Nachtflugverbot hilft den Bürgern und schadet dem Flughafen nicht“, sagte er. Die schädlichen Folgen von Lärmbelastung seien ein unterschätztes Thema, so wie früher beim Asbest.
Diesen Standpunkt untermauerte HNO-Arzt Hans Behrbohm. „Die Augen können wir schließen, die Ohren nicht“, sagte er. Auch wenn Menschen nicht jedes Geräusch im Schlaf registrieren, führe es zu Stress. „Jede Weckreaktion stört die Schlafarchitektur.“ Die Folgen: Herzerkrankungen, Lern- und Konzentrationsprobleme, vermeidbare Krankheits- und Todesfälle. Aus medizinischer Sicht sei ein Nachtflugverbot dringend geboten, sagte Behrbohm.
Tatsächlich wird die Forderung der Initiative nach Gesprächen über ein Nachtflugverbot schon bald erfüllt – auf Initiative der brandenburgischen Landesregierung. Dort hatte der Landtag im vorigen Jahr ein entsprechendes Volksbegehren angenommen. Ende März soll es sowohl eine Versammlung der BER-Gesellschafter, als auch eine Landesplanungskonferenz zu dem Thema geben. Der Berliner Senat verschließt sich dem Ansinnen aber. Staatssekretär Christian Gaebler (SPD) wies die Argumente der Initiative zurück. Bei der Planung des Flughafens sei nun mal eine Abwägung getroffen worden, sagte er.
Das Argument, die Randstunden am späten Abend und am frühen Morgen hätten keine Bedeutung für die Kapazität des Flughafens, wies er zurück. Laut Flughafengesellschaft wären von einem Nachtflugverbot 16.000 Flüge pro Jahr betroffen, das bedeute Verluste in dreistelliger Millionenhöhe. Auf die Frage, was die Initiative plane, wenn sie sich nicht durchsetzen könne, sagte einer ihrer Vertreter: „Die Leute haben die Fäuste in der Tasche.“ Die kaum verhohlene Drohung löste Unmut bei den Abgeordneten aus.