Großrazzia in Berlin: Polizei geht gegen Menschenhandel und Schwarzarbeit vor

Firmen aus dem Baltikum sollen Arbeiter in die EU geschmuggelt haben. Bundespolizei und Zoll sind mit 2200 Beamten im Einsatz.

Auch Beamte der Spezialeinheit GSG 9 waren im Einsatz.
Auch Beamte der Spezialeinheit GSG 9 waren im Einsatz.dpa/Paul Zinken

Berlin-Mit einem Großeinsatz sind Bundespolizei und Zoll am Mittwoch gegen Menschenhandel und Schwarzarbeit vorgegangen. Insgesamt 2200 Beamte durchsuchten in Berlin und in elf anderen Bundesländern Geschäftsräume und Wohnungen von Beschuldigten sowie mehrere Logistikzentren.

Die Fahnder vollstreckten neun Haftbefehle – darunter insgesamt drei in Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf. In Oranienburg und Hohen Neuendorf wurden drei weitere Männer verhaftet. Auch Elitepolizisten der GSG 9 waren im Einsatz. Der Schwerpunkt der Durchsuchungen lag in Berlin und Brandenburg. Zu den durchsuchten Objekten gehörten auch Unterkünfte von mutmaßlichen Schwarzarbeitern.

Im Fokus der seit 2019 laufenden Ermittlungen steht ein konspiratives Firmennetzwerk, das bis ins Baltikum reicht. Die Firmen sollen Leiharbeiter aus dem Nicht-EU-Ausland beschäftigt und an große deutsche Logistikunternehmen vermittelt haben. Die Arbeiter stammen nach Angaben von Ermittlern vor allem aus der Ukraine, aber auch aus Georgien, Moldawien und Kasachstan. Die Kriminellen stellten ihnen falsche rumänische und polnische Personaldokumente aus, mit denen die Arbeiter als EU-Bürger ausgegeben wurden.

Für die Arbeit dieser Beschäftigten kassierten die Verleih-Firmen von ihren Auftraggebern die Löhne, zahlten diese aber nicht in vollem Umfang aus. Die Behörden gehen von etwa 1000 Fällen aus.

Die Berliner Staatsanwaltschaft, in deren Auftrag die Razzia erfolgte, verdächtigt 20 Personen. Die Verhafteten sind Männer im Alter zwischen 32 und 62 Jahren und eine 42-jährige Frau. Der mutmaßliche Kopf der Bande, ein 49-jähriger Mann, sowie ein 62-jähriger Steuerberater konnten in Bremen festgenommen werden. Insgesamt wurden mehr als 50 Objekte durchsucht.

Beamte der Bundespolizei stürmen eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus im Stadtteil Hohenschönhausen.
Beamte der Bundespolizei stürmen eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus im Stadtteil Hohenschönhausen.dpa/Jörg Carstensen

Ermittelt wird wegen banden- und erwerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern, Urkundenfälschung, organisierter Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung.

Die Staatsanwaltschaft rechnet mit beschlagnahmten Vermögen im zweistelligen Millionenbereich. Darunter sind Konten der Beschuldigten und Immobilien. Unter anderem in Charlottenburg wurden eine Wohnung, teure Uhren und zwei Autos sichergestellt.

Bei den Durchsuchungen trafen die Polizisten und Zöllner 275 Personen an, bei denen der Aufenthaltsstatus unklar ist. Bei ihnen besteht der Verdacht des unerlaubten Aufenthaltes und der unerlaubten Arbeitsaufnahme.

„Die heutigen Maßnahmen in Berlin und weiteren Bundesländern sind ein wichtiges Zeichen: Der Rechtsstaat ist wachsam“, teilte die Berliner Gewerkschaft der Polizei am Mittwoch mit. „Es ist unglaublich perfide, mit der Not von Menschen Geld machen zu wollen, ihre Hilflosigkeit und den Wunsch nach einem besseren Leben schamlos auszunutzen.“