Großstadtvergleich: Berlin hat immer noch die billigsten WG-Zimmer

In Berlin steigt die Einwohnerzahl seit Jahren rasant an – pro Jahr um etwa 45.000 bis 50.000 Menschen. Einen hohen Anteil an dieser Entwicklung haben vor allem junge Neu-Berliner: 33.125 Jugendliche zwischen 18 und 29 Jahren ziehen seit 2010 durchschnittlich jedes Jahr in die Stadt. Das geht aus einer Studie des Moses Mendelssohn Instituts hervor, das die Daten in den sieben führenden deutschen Großstädten erhoben hat. Die Studie wird am Montag veröffentlicht und liegt der Berliner Zeitung exklusiv vor. Nach München zieht es pro Jahr knapp 20.000 Menschen dieser Alterskategorie, nach Hamburg gut 15.000, geht aus der Studie hervor.

„In Berlin haben wir eine überdurchschnittlich dynamische Entwicklung festgestellt“, sagt Stefan Brauckmann, der Direktor des Moses Mendelssohn Instituts mit Sitz in Berlin und Hamburg. Die Untersuchung bestätigt, dass die jungen Menschen besonders wegen der guten Verkehrsanbindungen sowie einer guten Nahversorgung bundesweit die Innenstädte als Wohnsitz bevorzugen. In Berlin liegen demnach weiterhin Prenzlauer Berg, Kreuzberg, Friedrichshain, Mitte sowie der Norden Neuköllns in der Beliebtheit vorn. „Wir beobachten aber mit Spannung, was sich derzeit auch in Moabit, Gesundbrunnen und Wedding tut. Wenn man genauer hinschaut, gibt es dort bereits ähnliche Effekte wie in Prenzlauer Berg und Friedrichshain“, sagt Brauckmann.

Nahtloser Übergang von Arbeits- und Freizeitphase

So beträgt der Anteil der 20- bis 25-Jährigen an der Gesamtbevölkerung in Wedding bereits 9,6 Prozent, in Moabit und Gesundbrunnen jeweils 8,9 Prozent, im Hansaviertel sogar 10,6 Prozent. Der Berliner Durchschnitt liegt bei 5,8 Prozent, insgesamt leben in der Hauptstadt derzeit etwas mehr als 200 000 Menschen zwischen 20 und 25 Jahren. Etwa ein Drittel von ihnen wohnt in den begehrten Stadtteilen der Innenstadt, so Brauckmann. „Junge Leute wollen den nahtlosen Übergang von der Arbeits- und Freizeitphase“, sagt er. Dabei legen sie nicht nur Wert auf eine zentrale Lage und einen direkten Nahverkehrsanschluss, sondern auch auf Freizeit- und Kulturangebote sowie viel Gastronomie im direkten Umfeld.

Die Attraktivität gerade dieser Stadtteile zeigt sich für das Institut auch in der starken Verbreitung von Wohngemeinschaften. Zu deren Anzahl liegen zwar keine Analysen vor, 13,8 Prozent aller WG-Suchenden geben aber Friedrichshain als gewünschten Wohnort an, darunter Landsberger Allee und Petersburger Straße, Boxhagener Straße und Frankfurter Allee. Neukölln kommt mit 13,6 Prozent auf einen ähnlichen Wert (Reuterkiez, Flughafenstraße, Donaukiez, Sonnenallee, S-Bahnhof Hermannstraße).

Prenzlauer Berg wird nur noch von neun Prozent der WG-Suchenden genannt, hier insbesondere Gebiete um die U-Bahnhöfe Eberswalder Straße und Schönhauser Allee sowie Greifswalder- und Danziger Straße. Top-Lage in Mitte ist das Viertel um die Zionskirche an der Grenze zu Prenzlauer Berg.

Im bundesweiten Vergleich der Großstädte verzeichnet Berlin noch immer die niedrigsten Preise für ein WG-Zimmer – meist in einer Zwei- oder Drei-Zimmer-Wohnung, hat das Institut zusammen mit dem Portal wg-gesucht.de ermittelt. Für durchschnittlich 370 Euro pro Zimmer und Monat werden WG-Plätze angeboten, in München ist es mit 505 Euro deutlich teurer. „Wir beobachten aber ein Anziehen der Preise im WG-Markt in Berlin“, sagt der Institutschef. Er nennt das „Aufholeffekt“.