Grüne Mauern: Kann Berlin mit Moos die Luft verbessern?

Die neue Geheimwaffe gegen Luftverschmutzung ist keinem High-Tech-Labor entsprungen. Sie wächst einfach so in der freien Natur und wurde bisher, wie es scheint, in ihren Fähigkeiten unterschätzt. Die Rede ist von Moos, simplem Moos. Experten sind sich sicher, dass die Pflanze geradezu magische Kräfte besitzt. Es heißt, sie könne sogar Feinstaub und Giftstoffe aus der Luft filtern. Das brachte die Berliner CDU nun auf eine gewagte Idee. Wie wäre es, zur Verbesserung der Luftqualität einfach Mooswände an hochbelasteten Verkehrsadern aufzustellen?

„Wir diskutieren seit Jahren über Feinstaub und Stickstoffdioxid, über Maßnahmen wie Fahrverbote und Tempo 30 auf Hauptstraßen“, sagt Danny Freymark, umweltpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Doch alle Mühen hätten nicht ausgereicht, die „Umwelt-Ungerechtigkeit“ zu beheben. Damit meint Freymark, dass Bewohner von Innenstadt-Bezirken wie Mitte und Neukölln unvermindert dicke Luft einatmen müssen. Er findet es deshalb richtig, sich auch ungewöhnlichen Ideen zur Luftreinhaltung zu öffnen. Und so ließ er sich von der Jungen Union Reinickendorf für Mooswände begeistern.

Mooswände gibt es bereits in anderen Großstädten

Führender Experte auf dem Gebiet der Moos-Forschung ist Martin Nebel, Biologe am Staatlichen Naturkundemuseum Stuttgart. Er kann erklären, wie die vor 400 Millionen Jahren entstandene Landpflanze zur Reinhaltung der Luft beiträgt. „Moos hat keine Wurzeln, sondern nimmt Nährstoffe und Wasser direkt über die Oberfläche auf“, so Nebel. Bei diesem Vorgang würden aber auch andere Stoffe aus der Umwelt in die Pflanze gelangen und dort gebunden – zum Beispiel Feinstaub. Das ist der Grundgedanke, auf dem die bisherigen Modellprojekte mit Mooswänden in Stuttgart, Ludwigsburg, Italien, Mexiko und China beruhen.

Der Abgeordnete Freymark wollte nun vom Berliner Senat wissen, was man dort von einem eigenen Pilotprojekt halten würde. Er stellte eine parlamentarische Anfrage und bekam von Umweltstaatssekretär Jens-Holger Kirchner (Grüne) eine skeptische Antwort. Nach Erkenntnissen des Senats beschränke sich die Filterwirkung von Mooswänden „auf den unmittelbaren kleinräumigen Nahbereich“. Zur Herstellung und Pflege von Mooswänden fehle es außerdem an Expertise. Der Senat wolle lieber auf die „Reduzierung der Emissionen an der Quelle“ setzen, nicht auf nachträgliches Filtern.

Mit dieser Antwort will sich der Abgeordnete Freymark nicht zufriedengeben. Sie werde den verfügbaren Erkenntnissen zum Einsatz von Mooswänden nicht gerecht. „Ich bin mir sicher, dass wir für ein Pilotprojekt etwa an der Berliner Allee sogar EU-Förderung erhalten würden“, so Freymark. Berlin müsse viele kleine, sich ergänzende Maßnahmen ausprobieren. Auch die Einrichtung der Umweltzone sei keine Komplettlösung des Luftproblems gewesen. Die Kosten des Stuttgarter Pilotprojekts lagen bei 560.000 Euro für Mooswände auf 100 Metern Länge. So viel Moos für Moos muss doch drin sein.