Grundsatz-Urteil des BGH: Berliner Mieter muss Büroräumen nicht weichen
Karlsruhe/Berlin - Ein Berliner hat vor dem Bundesgerichtshof (BGH) eine wichtige Entscheidung zugunsten der Mieter erstritten. Der BGH entschied am Mittwoch, dass Vermieter ihren Mietern nicht kündigen können, nur weil sie die Mietwohnung als Aktenlager für ihren Betrieb nutzen wollen. Bei Kündigungen aus eigenem betrieblichem Bedarf müssen künftig die Rechte der Mieter stärker berücksichtigt werden.
Das Gericht präzisierte damit laut der Vorsitzenden Richterin Karin Milger seine frühere „missverstandene und missverständliche“ Rechtsprechung (Az. VIII ZR 45/16).
Auslagerung alter Akten kein "berechtigtes Interesse"
Im Ausgangsfall wurde dem Mieter einer 27 Quadratmeter großen Zweizimmerwohnung in einem Berliner Hinterhaus gekündigt, weil die neue Besitzerin die Wohnung ihrem Ehemann als Aktenarchiv überlassen wollte, der im Vorderhaus ein Beratungsbüro betrieb. Die Büroräume seien überfrachtet mit bis an die Decke reichenden, überfüllten Aktenregalen.
Der BGH verwies nun darauf, dass eine Kündigung allein aus geschäftlichen Gründen nur möglich ist, wenn der Vermieter „ein berechtigtes Interesse“ an der Beendigung des Mietverhältnisses nachweisen kann. Im aktuellen Fall reicht laut Urteil der Wunsch nach einer Auslagerung der teils 30 Jahre alten Akten als berechtigtes Interesse für eine Kündigung aber nicht aus.
Solch eine Kündigung wäre der Vorsitzenden Richterin zufolge aber gerechtfertigt, wenn etwa ein Vermieter seiner Ehefrau eine Wohnung im gemeinsam bewohnten Mietshaus als Anwaltskanzlei zur Verfügung stellen will, um Belange von Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. Dies hatte der BGH in einem Urteil von 2012 entschieden.
Mieterbund begrüßt Urteil
Der Deutsche Mieterbund (DMB) begrüßte die Entscheidung. „Natürlich darf das Interesse des Vermieters an einer Aktenauslagerung in eine vermietete Wohnung den Kündigungsschutz nicht aushebeln“, sagte DMB-Bundesdirektor Lukas Siebenkotten.
Zuletzt sei der Kündigungsschutz immer stärker aufgeweicht worden. „Diese Entwicklung hat der Bundesgerichtshof mit seiner heutigen Entscheidung gestoppt“, sagte Siebenkotten. „Nur wenn der Vermieter erhebliche Nachteile befürchten muss, wenn ihm der Zugriff auf die Mieterwohnung verwehrt wird, kann eine Kündigung gerechtfertigt sein“, sagte Siebenkotten. (AFP/BLZ)