Grundsteuerreform: Sinkende Bodenwerte werden zunächst nicht berücksichtigt
Grundsteuerwerte werden erst nach sieben Jahren wieder überprüft. Mieter und Eigentümer haben deswegen vorerst nichts von derzeit fallenden Preisen.

Mieter und Immobilieneigentümer in Berlin profitieren bei der anstehenden Neuberechnung der Grundsteuer vorerst nicht von fallenden Bodenwerten. Das geht aus der Antwort der Senatsverwaltung für Finanzen auf eine Anfrage der Berliner Zeitung hervor.
„Die aktualisierten Bodenrichtwerte wirken sich nicht aus, weder zugunsten noch zuungunsten der Steuerpflichtigen“, erklärte der Sprecher der Senatsverwaltung für Finanzen, Fred Bombosch. Erst nach sieben Jahren soll eine neue Überprüfung erfolgen – zur nächsten Hauptfeststellung am 1. Januar 2029. Bis dahin bleiben die Wertverhältnisse – zu denen die Bodenrichtwerte gehören – für den gesamten Zeitraum gleich, so Bombosch. Grundlage für die Berechnung der neuen Grundsteuer bilden damit die Bodenrichtwerte mit Stand von 2022.
In Berlin sind einige Bodenrichtwerte aufgrund fallender Preise zum 1. Januar 2023 nach unten korrigiert worden, wie der Gutachterausschuss für Grundstückswerte vor Kurzem mitteilte. So gab es bei Baulandflächen für den sogenannten Geschosswohnungsbau sowie für Büronutzungen in Gewerbelagen Abschläge zwischen zehn und 30 Prozent. Das Bodenrichtwertniveau für Ein- und Zweifamilienhäuser blieb dagegen unverändert. Bodenrichtwerte geben Auskunft über den Wert eines Quadratmeters unbebauten Bodens.
Bei der Grundsteuerreform spielt die Höhe der Bodenrichtwerte eine besondere Rolle, weil nach dem neuen Steuermodell der jeweilige Wert der Immobilie berücksichtigt wird. Für eine 100 Quadratmeter große Altbauwohnung in einer teuren Lage muss danach künftig eine höhere Grundsteuer gezahlt werden als für eine 100 Quadratmeter große Altbauwohnung in einer weniger teuren Lage. Gezahlt werden muss die Grundsteuer von Immobilieneigentümern, Vermieter können die Steuer aber als Betriebskosten auf die Mieter umlegen. Sollten die Bodenrichtwerte weiter fallen, würden Mieter und Eigentümer erst nach der nächsten Hauptfeststellung zum 1. Januar 2029 davon profitieren – vorausgesetzt, dass die Bodenwerte bis dahin nicht wieder steigen.
Finanzverwaltung: Kein Zweifel an Rechtmäßigkeit der Regelung
Ein wesentlicher Bestandteil der Grundsteuerreform sei, dass die Hauptfeststellung in regelmäßigen Zyklen von sieben Jahren stattfinde, so Bombosch. „Die Einheitswerte werden also nicht wie bisher über Jahrzehnte fortgeschrieben, sondern regelmäßig neu ermittelt.“ An der Rechtmäßigkeit dieser Regelung bestehe kein Zweifel. Das Bundesverfassungsgericht habe die bisherige Einheitsbewertung für verfassungswidrig erklärt, weil die Hauptfeststellungen mehr als 50 Jahre unterlassen worden seien.
Berücksichtigt bei der Grundsteuer würden hingegen „Veränderungen des Sachverhalts“, so Bombosch, also beispielsweise der Abriss oder Neubau eines Hauses. Das könne in der Praxis beispielsweise bedeuten: Wenn eine Eigentümerin im Jahr 2025 ein Gebäude abreißt und ein neues errichtet, sind die Bodenrichtwerte zum 1. Januar 2022 weiterhin maßgeblich. Die anderen relevanten Merkmale wie Baujahr oder Wohnfläche würden aber für das neue Gebäude neu ermittelt, entsprechend ändere sich die Grundsteuer.
Bisheriges System wurde 2018 für verfassungswidrig erklärt
Nötig ist die Reform der Grundsteuer, weil das Bundesverfassungsgericht das bisherige System im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt hat, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandle und so gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung verstoße. Der Grund: Die bisherige Berechnung basierte auf jahrzehntealten Grundstückswerten. Im Westen wurden die Grundstücke nach ihrem Wert von 1964 berücksichtigt. In den ostdeutschen Ländern beruhten die Werte sogar auf Feststellungen aus dem Jahr 1935.
In einem ersten Schritt der Reform mussten Eigentümer von Grundstücken, Häusern und Eigentumswohnungen seit Mitte vergangenen Jahres Erklärungen abgeben, um den sogenannten Grundsteuerwert zu ermitteln. Dazu mussten unter anderem Angaben zu Lage und Größe des Grundstücks, zum Baujahr des Hauses sowie zum Bodenrichtwert mit Stand von 2022 gemacht werden.
Die konkrete Steuerlast wird im Jahr 2024 beschlossen
Danach folgen noch zwei weitere Schritte, ehe die Reform im Jahr 2025 greift und die neue Höhe der Grundsteuer feststeht. Im Jahr 2024 muss das Abgeordnetenhaus den neuen Steuerhebesatz sowie die sogenannten Steuermesszahlen festlegen. Über diese beiden Stellschrauben kann das Land die Steuerlast dann „justieren“. Versprochen wurde von der Politik, dass die Grundsteuerreform aufkommensneutral bleibt. Das heißt, es soll nicht mehr Geld in die Kasse kommen als vor der Reform. Derzeit nimmt Berlin rund 850 Millionen Euro jährlich über die Grundsteuer ein. Dabei soll es bleiben.
Noch immer liegen nicht alle Grundsteuererklärungen in Berlin vor. Nach Angaben der Senatsverwaltung für Finanzen vom Montag sind bisher 712.214 Erklärungen zur Hauptfeststellung der Grundsteuer eingegangen. Das entspricht 82,5 Prozent der abzugebenden Erklärungen (863.521). Mit Erinnerungsschreiben sollen die ausstehenden Erklärungen eingeholt werden. „Der Versand der Erinnerungsschreiben hat in der vorigen Woche begonnen und wird Ende des Monats abgeschlossen sein“, so Behördensprecher Bombosch.