Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg: Flughafenchef entlässt Technikchef am BER

Berlin - Es war eine einsame Entscheidung. Und schon fragen sich Beobachter, ob sie richtig war.  Gut möglich, dass sie das Flughafenprojekt BER  weiter in die Länge zieht und die für  2018 avisierte Eröffnung unmöglich macht, sagen sie. Fest steht: Das Pannen-Bauvorhaben in Schönefeld  bekommt wieder einmal einen neuen Projektleiter – den fünften innerhalb  weniger Jahre. Jörg Marks, der diesen Posten seit fast zweieinhalb Jahren innehatte, wurde gefeuert. Am Donnerstag gab die Flughafengesellschaft FBB bekannt, dass er das Unternehmen verlässt.

Am Tag zuvor hatte Flughafen-Chef Karsten Mühlenfeld den Präsidialausschuss des Aufsichtsrats darüber informiert, dass Marks gehen muss.  Anlass  seien die anhaltenden Schwierigkeiten auf der Baustelle.

Das  Verhältnis zwischen dem Vorsitzenden der Geschäftsführung und dem Projektleiter war schon lange nicht mehr gut.  In den vergangenen Monaten hatten Aufsichtsratsmitglieder  registriert,  dass Mühlenfeld   und Marks  zum Teil unterschiedliche Auffassungen äußerten, wenn es um das Flughafenprojekt ging.

Gesellschafter äußern Kritik

Die Personalentscheidung fällt in den „operativen Verantwortungsbereich der Geschäftsführung“, betonte die FBB.  In der Tat konnte der Präsidialausschuss nichts mehr daran ändern,  bei Personalfragen darf er nur beraten. Diese Zuständigkeit nahm das hochrangig besetzte Gremium  allerdings wahr.

 Dem Vernehmen nach warnten Berlins Regierender Bürgermeisters Michael Müller,  Brandenburgs Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider  und Staatssekretär Rainer Bomba aus dem Verkehrsministerium vor dem geplanten Rauswurf.   Es wäre gefährlich, wenige Monate vor der erwarteten Fertigstellung des Hauptstadt-Flughafens den Projektleiter auszutauschen, hieß es. Das Technikteam in der Flughafengesellschaft würde dadurch erneut verunsichert. Wenn jetzt erst einmal ein neuer Technikchef eingearbeitet werden müsse, könnte dies zur Folge haben, dass der Flughafen 2018 nicht mehr in Betrieb gehen könnte, lautete ein weiteres Argument.

Doch Mühlenfeld blieb bei seiner Entscheidung.  Er teilte mit, dass  Christoph Bretschneider die Leitung des Projekts übernimmt – „mit sofortiger Wirkung“.  Der Neue  ist 56 Jahre alt und hat Maschinenbau in Hannover studiert.   Nach vielen Stationen lebt Bretschneider wieder in Berlin. Von 2010 bis 2014 war er Chef der  DB ProjektBau GmbH, die Bahnbauprojekte steuert. Seit 2015 ist er als Unternehmensberater tätig.

Im Karrierenetzwerk Xing gab Bretschneider an, dass er „Verantwortung“ sucht, „Krisenprojekte, die gerettet werden müssen“ und „Unternehmen, die neue Wege gehen wollen“. Das passt  zum Teil zum BER.

Ruhig und strukturiert

Mit 46 Jahren war der Ingenieur und gelernte Nachrichtentechniker Jörg Marks zur FBB gekommen. Seit  dem 1. August 2014 war er Leiter Technik und Bau der Berliner Flughäfen sowie als technischer Gesamtprojektleiter für den Flughafenbau in Schönefeld verantwortlich.

 Marks, der zuvor fast 25 Jahre im Siemens-Konzern tätig gewesen war, wurde von dem damaligen Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn nach Schönefeld geholt. Er wurde Nachfolger von Jürgen Großmann, der wegen einer Korruptionsaffäre gefeuert worden war. Großmann war nicht der erste BER-Chef, der geschasst wurde. Manfred Körtgen, seit 2008 Geschäftsführer Betrieb, musste im Juni 2012 gehen.  Sein Nachfolger Horst Amann, der im August 2012  angetreten war, wurde von Mehdorn im November 2013 auf einen unbedeutenden Posten bei der FBB versetzt – und später bei Fortzahlung seines Gehalts von 300 000 Euro pro Jahr freigestellt.

Wegen seiner ruhigen und strukturierten Art bekam Jörg Marks zunächst viel Lob. Unstrittig ist, dass er die Probleme bei der Entrauchungsanlage löste. Doch bei den zahlreichen anderen Problemen war er nicht mit derselben Detailfreude am Werk, hieß es. Kritik gab es auch von Bauunternehmen am BER.

Der Aufsichtsrat werde eng überwachen, ob der Wechsel die Fertigstellung des Flughafens beschleunige, sagte Michael Müller. „Jetzt muss sich die Geschäftsführung daran messen lassen, dass der BER sicher und im Kostenrahmen in 2018 eröffnet wird.“ Brandenburgs Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider  teilte mit: „Es ist in der Verantwortung der Geschäftsführung, alles zu tun, das Projekt BER baldmöglichst erfolgreich an den Start zu bringen.“ Im Übrigen: Mit dem neuen Projektchef sei er weder verwandt noch verschwägert.

Heiko Melzer von CDU formulierte die Kritik weniger höflich: „Durch das regelmäßige Auswechseln hochrangiger Führungspersonen droht die Bauausführung erneut in Verzug zu geraten, da sich jeder neue Verantwortliche erst wieder in die  Materie einarbeiten muss.“