Hauptstadtflughafen: Schon wieder eine Absage am BER

Krisentreffen? Welches Krisentreffen? Diverse Medien hatten angekündigt, dass an diesem Donnerstag Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (beide SPD) und Flughafenchef Hartmut Mehdorn zusammenkommen würden, um die mannigfaltigen Schwierigkeiten am neuen Flughafen zu besprechen. Am Mittwochmittag dann sagte Woidke am Rande der Landtagssitzung in Potsdam: „Es wird ein Treffen geben, aber sicher nicht morgen.“ Senatssprecher Richard Meng sagte der Berliner Zeitung, es sei doch gar kein Treffen geplant gewesen. Tatsächlich hatte Mehdorn den Termin in einem Schreiben an die brandenburgische Landesregierung erwähnt. In dem sagte er am Freitag die für Anfang Juli geplante Sanierung der BER-Nordbahn ab – ein wichtiges Etappenziel am Flughafen.

Bloß keine unnötige Aufregung, scheint also die Devise zu sein. Aber wäre die Aufregung wirklich unnötig? Binnen einer Woche hat Mehdorn zwei seiner zentralen Projekte abgesagt. Neben der Sanierung der Nordbahn, die nun ab März 2015 durchgeführt werden soll, war das der Testbetrieb am BER-Nordpier, der ebenfalls im Juli beginnen sollte.

Mehdorn erschien nicht zur Sitzung

Zudem veröffentlichte die Boulevardzeitung B.Z. am Mittwoch eine neue Kostenschätzung, angeblich ein internes Papier der Flughafengesellschaft. Demnach kostet das Gesamtprojekt mindestens 5,5 Milliarden Euro, statt der derzeit offiziell genannten 4,7 Milliarden. Außerdem gibt es Verzögerungen bei den Arbeiten an der Entrauchungsanlage. Der Firma Siemens, die die Steuerung bauen soll, fehlen bislang wichtige Unterlagen.

Und schließlich gibt es den Zwist zwischen Berlin und Brandenburg um das Nachtflugverbot. Woidke steht bei seinen Wählern im Wort, strengere Regeln durchzusetzen. Aus Sicht des Berliner Senats gefährdet er damit das Projekt. Es hätte also gute Gründe gegeben für die drei von der Baustelle, sich zusammenzusetzen, und das schon bald.

Aber zumindest Woidke und Mehdorn werden sich am Donnerstag bei einer Sondersitzung des BER-Sonderausschusses im Potsdamer Landtag begegnen. Zum regulären Termin am Montag war Mehdorn nicht erschienen, stattdessen platzte in die Sitzung die Nachricht von der Verschiebung der Nordbahn-Sanierung. Die Abgeordneten empfanden das als Affront. „Es war das erste Mal, dass er nicht gekommen ist“, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Gregor Beyer. Entsprechend gereizt dürfte die Stimmung am Donnerstagabend sein.

Für Beyer steht die Frage im Mittelpunkt, wie die Entscheidung zustande kam, die Nordbahn-Sanierung zu verschieben. Tatsächlich erscheint Mehdorns Darstellung, die Flughafengesellschaft (FBB) sei von neuen Vorgaben der Oberen Luftfahrtbehörde zum Schallschutz überrascht worden und habe das Projekt deshalb kippen müssen, zweifelhaft. Der Sprecher des brandenburgischen Infrastrukturministeriums, Jens-Uwe Schade, erklärte der Berliner Zeitung am Mittwoch, es habe sich keineswegs um neue Vorgaben gehandelt, sondern um Vollzugshinweise zur Umsetzung einer Regelung, die im Planfeststellungsbeschluss festgehalten ist. Diese Regelung sei der FBB seit 2009 bekannt gewesen. Die Vollzugshinweise habe die Behörde seit Mitte letzten Jahres nach intensiver Konsultation der FBB-Fachleute erarbeitet. Die FBB konnte demnach ahnen, was kommt.

Ingo Senftleben (CDU), stellvertretender Vorsitzender des BER-Sonderausschusses, fasst die Lage des Projekts BER so zusammen: „Man hangelt sich von einem Problem zum nächsten. Es ist extrem entnervend.“