Hausbesetzungen in Berlin-Neukölln: „Das Gesprächsangebot gilt weiterhin“

Am Sonntag ist ein leerstehendes Haus der Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land in der Bornsdorfer Straße in Neukölln besetzt worden. Der Geschäftsführer des städtischen Unternehmens, Ingo Malter, bot den Besetzern in Verhandlungen die Nutzung der Immobilie an. Im Interview sagt er, warum er das Haus am Ende dennoch von der Polizei räumen ließ.

Herr Malter, ist es so einfach, bei Ihnen eine Wohnung zu bekommen: Man besetzt ein Haus und erhält dann einen Mietvertrag?

So einfach ist es natürlich nicht. Das Angebot am Sonntag, auf das Sie anspielen, erging aus der Situation heraus. Mein Ansatz war, eine Eskalation zu vermeiden. Deswegen habe ich weitgehende Angebote gemacht, zu denen ich auch gestanden hätte, wenn eine Bedingung erfüllt worden wäre: Nämlich dass das Gebäude verlassen wird. Aber das haben die Besetzer nicht getan.

Wie sind die Verhandlungen gelaufen – wie ist es zur Räumung gekommen?

Ich war um kurz vor 15 Uhr am Haus. Ich habe mich bei der Polizei identifiziert und dann die Gespräche mit zwei jungen Menschen aufgenommen, die sich mir als Sprecher vorstellten. Das ging über fünf Stunden. Irgendwann kamen noch Staatssekretär Sebastian Scheel (Die Linke) sowie mehrere Abgeordnete dazu. Am Ende sind die Gespräche gescheitert, weil es für uns Bedingung war, dass die illegalen Besetzer das Gebäude verlassen, um dann weiter zu verhandeln. Die Besetzer wollten aber erst die Garantie, dass sie im Haus bleiben können. Über diese Hürde sind wir nicht hinweg gekommen.

Was war Ihr letztes Angebot?

Ich habe in Abstimmung mit dem Staatssekretär gesagt: Ich garantiere euch, ihr könnt euer Wohnprojekt nicht nur irgendwo bei der Stadt und Land, sondern in diesem Gebäude nach der Sanierung verwirklichen. Und die Sanierung werden wir mit euch abstimmen. Mit diesem Angebot sind zwei Anwälte, so hieß es, abends ins Gebäude gegangen. Das waren nicht unsere Anwälte, sondern die der Besetzer. Wir hatten vereinbart, dass das Angebot 30 Minuten diskutiert wird. Sonst sollte es zur Räumung kommen.

Niemand kam nach der Zeit aus dem Gebäude. Wir konnten auch keinen anrufen, weil die Leute alle ihre Handys draußen gelassen hatten, um angeblich nicht geortet zu werden. Es war damit keine Kontaktaufnahme mehr möglich. Nachdem nichts passierte, haben wir uns entschlossen, die Räumung durchführen zu lassen. Ich konnte keine Menschen in diesem Gebäude dulden, weil dort akute Unfallgefahr besteht.

Wie lange steht das Haus denn leer? Und was ist der Grund dafür?

Unseres Wissens steht das Haus seit fünf Jahren leer. Wir haben es aber erst vor drei Jahren im Rahmen eines größeren Ankaufs von Wohnungen erworben. Wir haben gedacht, sofort in die Sanierung gehen zu können. Bei den baulichen Voruntersuchungen stellten wir aber fest, dass es gravierende Statikprobleme gibt. Diese müssen vor der Sanierung in Ordnung gebracht werden. Das ist sehr aufwendig. Wir werden wahrscheinlich Beton unter die Fundamente pumpen und die rückwärtige Hauswand völlig ertüchtigen müssen.

Wie soll es weitergehen?

Wir befinden uns in der Ausschreibungsphase für die Sanierung. Wir sind dabei, Baupartner zu finden, die dieses Gebäude bewohnbar machen.

Warum dauert das alles so lange?

Weil sich die Grundsatzprobleme erst im Laufe der vertieften Untersuchungen herausgestellt haben. Mittlerweile haben wir aber erste Verträge gemacht. In dem Haus war mal eine Kita, und die möchte auch wieder rein. Mit den Betreibern haben wir uns darauf verständigt, dass sie wieder einziehen. In den oberen Etagen sollen Wohnungen entstehen.

Wie schnell kann der Leerstand beseitigt werden?
Wir müssen öffentlich ausschreiben. Da vergehen nach Ankündigung und Verhandlung mit den Bietern zwischen sechs und zehn Monate. Wenn wir eine Firma gebunden haben, bin ich zuversichtlich, dass wir das Haus in acht bis zwölf Monaten fertig saniert haben.

Was ist mit ihrem Verhandlungsangebot? Gilt es noch?

Das uneingeschränkte Nutzungsangebot gilt nicht mehr. Das Gesprächsangebot gilt weiterhin. Nur jetzt gehe ich nicht mehr so weit zu sagen, ihr werdet in dieser Immobilie euer experimentelles Wohnprojekt verwirklichen können. Aber vielleicht finden wir ja eine andere.

Auf "berlin-besetzt.de" werden alle aktuellen und früheren Hausbesetzungen auf einer interaktiven Karte dargestellt.