Haushaltsnot in Berlin: Zahlenspielereien und ungehorsame Bezirke
Berlin - Egal welche Zahlen Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) vorlegt: Fakt bleibt trotzdem, dass die Bezirke zu wenig Geld erhalten. Dieser Ansicht jedenfalls sind die Bürgermeister der zwölf Berliner Bezirke. Und davon lassen sie sich auch nicht durch die jüngsten Äußerungen Nußbaums abbringen. „Das ist das übliche Ritual. Das sind Zahlenspielereien des Finanzsenators“, sagt etwa Norbert Kopp (CDU), der Bürgermeister in Steglitz-Zehlendorf. Etwas bissiger reagiert sein Kollege aus Mitte, Christian Hanke (SPD): „Die Aussage, die Bezirke seien auskömmlich finanziert, ist blanker Zynismus.“ Die Bezirke seien auf dem Weg zur Handlungsunfähigkeit.
Provoziert fühlen sich die Bürgermeister, nachdem Nußbaum am Donnerstag in der Berliner Zeitung sagte: „Die Bezirke haben kein Finanzproblem.“ Nußbaum zieht für diese Einschätzung den Jahresabschluss 2011 aller Bezirke heran. Sie haben mit einem Plus von 19,3 Millionen Euro abgeschlossen. Nur drei Bezirke waren im Minus. Nußbaum hält daher eine zusätzliche Finanzspritze von 50 Millionen Euro, die die Regierungsfraktionen SPD und CDU den Bezirken versprochen hatten, für überflüssig.
Bürgermeister kontern Nußbaums Zahlen
Doch auch die Bürgermeister können gut mit Zahlen jonglieren. Sie kontern jetzt – so wurde der positive Abschluss 2011 nur möglich, weil die Bezirke geputscht und vom Abgeordnetenhaus damals 90 Millionen Euro zusätzlich erhalten hatten. „Hätten wir das Geld nicht bekommen, würden wir jetzt mit einem Minus von 70 Millionen Euro dastehen“, so Kopp. Und eine weitere Rechnung des Finanzsenators gehe nicht auf.
Die Kosten für Strom, Gas und Heizung erhöhen sich stärker als der Senat mit einer Steigerung von 0,5 Prozent annimmt. „Statt 20 mussten wir im Bezirk 21 Millionen Euro für die Bewirtschaftung ausgeben“, sagt Kopp, das seien fünf Prozent mehr. Verärgert über Nußbaum ist auch Pankows Bürgermeister Matthias Köhne (SPD). Er betont, nur mit den zugesagten 50 Millionen Euro sei es den Bezirken möglich, einen ausgeglichenen Etat aufzustellen.
Im Abgeordnetenhaus sind SPD und CDU bemüht, die gegensätzlichen Auffassungen der Fraktionen und des Finanzsenators über die 50-Millionen-Euro-Zulage klein zu halten. SPD-Fraktionschef Raed Saleh ließ sich nur einen Satz entlocken, in dem er Nußbaum eine klare Absage erteilte: „Die Zahlen vom letzten Jahr ändern nichts daran, dass die Koalitionsfraktionen den Mehrbedarf der Bezirke für die Jahre 2012/2013 anerkannt haben.“
CDU-Fraktionschef Florian Graf assistierte. „Wir sind uns sicher, dieses Geld in den Haushaltsberatungen beantragen und auch durchsetzen zu können.“ Ignorieren wollen die Bezirke Nußbaums „Zahlenspielereien“ allerdings auch nicht. Sie erwarten auf einer Sondersitzung aller Finanzstadträte, die schon vorsorglich „Ungehorsam“ angekündigt haben, Erklärungen des parteilosen Finanzsenators.