Auf den Dürresommer folgt ein heißer Herbst und schließlich der Wut-Winter

Nun ist wieder diese eigentümliche Übergangszeit: Morgens auf dem Rad ist Mützenwetter, nachmittags Schokoeis-Sommer. Und bald sollen wir frieren gegen Putin.

Ein sonniger Herbsttag in Berlin an der Alten Schönhauser Straße.
Ein sonniger Herbsttag in Berlin an der Alten Schönhauser Straße.Markus Wächter/Berliner Zeitung

Berlin-Wenn wir Glück haben oder Pech, dann ist jetzt erst einmal jede Woche eine andere Jahreszeit. Diese Woche begann zum Beispiel als fast klassischer Herbst, aber nächste Woche sollen es angeblich wieder um die 25 Grad werden.

Der Herbst kam ganz plötzlich. Er begann am Ende unseres Wochenendausflugs. Als wir am Nachmittag am Rande des Harzes losfuhren, war ganz klar Kurze-Hosen-Wetter. Die angekündigten Wolken hatten es nicht bis zu uns geschafft, die Sonne schien prächtig und es war fünf Grad wärmer, als angekündigt. Ein richtig schöner Sommertag.

Als wir vier Stunden später in Berlin eintrafen, schien die Sonne zwar noch immer, aber es war herbstlich kühles Lange-Jacken-Wetter. Das Thermometer zeigte 16 Grad.

Doch oben in unserer Wohnung war noch immer Sommer. Die Hitze der vergangenen Monate hatte sich tief im Gemäuer des Hauses verschanzt. Diese Wärme strahlte nun förmlich aus den Wänden. Es war so warm, dass wir die Fenster öffnen mussten, um etwas kühle Luft einzulassen.

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„Heißer Herbst“ und „Wut-Winter“

Die Wärme in den Wänden hockte da schon seit Wochen, wir hatten sie bloß nicht mitbekommen. Denn draußen war es so heiß, dass wir unsere Wohnung als halbwegs angenehm empfanden und die Vorhänge gern geschlossen hielten, damit die Sonne uns nicht erwischt.

Inzwischen ist die Wärme aus den Wänden fort. Das Haus hat sich abgekühlt. Es ist der umgekehrte Effekt wie am Anfang des Sommers. Wenn es draußen plötzlich brütend heiß ist und wir in die noch frühlingsfrische Wohnung flüchten und hoffen, dass die Wände noch eine Weile diese angenehme Kühle abstrahlen. Aber auch das ist immer ganz schnell vorbei.

Es sind diese eigentümlichen Zeiten des Übergangs, in denen sich viele Leute falsch anziehen, weil es morgens auf dem Fahrrad fast schon Mützenwetter ist, nachmittags aber Schokoeis-Temperaturen herrschen.

Schon bald wird es draußen vor dem Haus jeden Tag nur noch kalt sein, windig und unangenehm. Und dann werden wir in der Wohnung einen Pullover mehr anziehen und uns gegenseitig belehren, dass wir doch bitte nicht ständig das Fenster aufreißen sollen, nur um diesen Sauerstoff reinzulassen. Frische Luft wird doch völlig überschätzt, bei diesen Energiepreisen. Frieren gegen Putin.

Und dann fürchten die einen auch noch einen politisch heißen Herbst, und die anderen reden jetzt einen Wutwinter herbei. Wenn es um Krieg und Ängste geht, sind Vergleiche mit den dunklen Jahreszeiten besonders willkommen. Das lässt frösteln.

Was kommen wird, ist ungewiss, aber zwei Dinge sind sicher: Es wird erst mal ungemütlicher, aber der nächste Frühling kommt bestimmt.