Hoffnung für die Hellersdorfer Kastanienallee: Neubauten und Fitness-Strecke geplant

Die Fassaden sind beschmiert, die Fenster mit Holzplatten vernagelt. Verkauft wird in der einstigen DDR-Kaufhalle an der Hellersdorfer Kastanienallee schon lange nichts mehr. Nach der Wende residierten noch Schlecker und Kaiser’s in dem Gebäude. Seit Jahren steht die Halle aber leer – zum Ärger der Anwohner.

Einst war der Boulevard Kastanienallee eine Vorzeigeadresse. In den 80er-Jahren, als Hellersdorf entstand, wurde er eigens als Fußgänger-Zone errichtet – gesäumt von prächtigen Kastanien, mit vielen Läden im Erdgeschoss der modernen Neubauten. Heute wirkt die einst belebte Meile verwaist. Viele Läden sind weg, Häuserfassaden und Grünanlagen wirken ungepflegt. Der Kiez zählt heute zu den ärmsten Berlins.

Anwohner befürworten Abriss

Der Abriss der alten DDR-Kaufhalle soll den 6800 Anwohnern Hoffnung geben, dass es wieder aufwärts geht. „Die Halle ist ein Schandfleck im Kiez, sie dient nur noch als gefährlicher Abenteuerspielplatz für Kinder“, sagt die 60-jährige Anwohnerin Bärbel Scherzer.

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„So eine Ruine schreckt die Menschen ab, zu uns auf den Boulevard zu kommen und neue Läden aufzumachen. Seit Jahren kämpfen wir Anwohner darum, dass die Kaufhalle verschwindet, und das unser Kiez wieder schöner wird.“ Kinder sollten wieder auf Spielplätzen toben. Dort, wo heute noch Grünanlagen sind, in denen Jugendliche sich abends treffen um Alkohol zu trinken.

Ungeklärte Rechtslage

Ähnlich sieht das der 59-jährige Frank Rußow (59), der von seinem Balkon auf die alte Kaufhalle schaut. „Früher gab es viele Läden, sogar einen richtigen Fischladen hatten wir“, sagt er. „Es muss was passieren, damit die Gegend auch für Händler wieder attraktiver wird.“

Seit Jahren kämpft auch der Bezirk um den Abriss des Supermarktes. Doch wegen ungeklärter Rechtslage und mehrfachen Eigentümerwechsels wurde das Vorhaben immer wieder verschoben. Jetzt sollen endlich die Bagger anrollen. Am 20. August, so kündigte es der neue Grundstücksbesitzer, eine Baugesellschaft, an, werde die alte Kaufhalle abgerissen, damit Neues entstehen kann an der Kastanienallee.

Neuer, kostengünstiger Wohnraum

Wo jetzt noch die alte Kaufhalle steht, sollen neue Wohnungen entstehen. Der Grundstückseigentümer will auf dem Areal zwei Neubau-Komplexe errichten. Die Häuser sollen sieben bis 14 Geschosse haben, insgesamt 149 Wohnungen sind geplant. Nach der Fertigstellung übernimmt sie die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gesobau AG.

121 Wohnungen sollen zu kostengünstigen Mieten angeboten werden, heißt es. Im Erdgeschoss werde für alle Boulevard-Bewohner ein Kiez-Café entstehen.

Im November soll der Bau beginnen. Bis 2020/21 werden die Arbeiten dauern. Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) hofft, dass damit „der Kastanienboulevard deutlich aufgewertet wird“, wie sie sagt.

Fitness-Strecke und Naturlehrpfad

Parallel zu den Bauarbeiten will der Senat gemeinsam mit der Wohnungsgesellschaft Deutsche Wohnen die Fußgängerzone umgestalten. Die prächtigen Kastanien säumen noch immer den Boulevard. Hinzu kommen soll ein Naturlehrpfad, eine Fitness-Strecke und ein Spielplatz. Vor allem hofft der Bezirk darauf, dass sich mit dem neugestalteten Boulevard dann auch wieder Händler in dem Kiez ansiedeln.

„Die Vorhaben sind ein wichtiges Signal für die Menschen, dass es am Boulevard wieder vorangehen kann“, sagt der Hellersdorfer Linke-Abgeordnete Kristian Ronneburg. Dass es mit der Kastanienallee nach der Wiedervereinigung bergab ging, erklärt Ronneburg unter anderem damit, dass die später entstandenen Handelszentren „Helle Mitte“ oder Kaufpark-Eiche die Kunden abzogen. Dem Boulevard sei die Kaufkraft abhanden gekommen, „viele Händler mussten ihr Geschäft aufgeben“.

Einer der ärmsten Kieze in Berlin

Nach der Wende hatte das Land Berlin zudem viele Wohnhäuser an US-Finanzfonds verkauft, die die Mieten nach oben trieben. Viele Anwohner zogen in dieser Zeit weg, zum Teil, weil ihnen die Wohnungen zu teuer wurden, zum Teil, weil sie in andere Gegenden wollten.

Nach der Pleite der Fonds gingen viele Wohnungen an die Deutsche Wohnen. Es gab hohen Leerstand, die Mieter wurden günstiger. Jetzt zogen sozialschwache Familien in den Kiez, der laut Senats-Bericht „Soziale Stadtentwicklung 2017“ zu den ärmsten Berlins zählt: 12,3 Prozent der Anwohner sind langzeitarbeitslos, 29,8 Prozent beziehen Hartz IV.