Unfreundlich, bürokratisch, langweilig: So blicken Zugezogene auf Deutschland

Eine Umfrage des Zugewanderten-Netzwerks Internations stellt fest: Nirgendwo ärgern Probleme mit der Bürokratie oder Digitalisierung mehr als in Deutschland.

Jeder fünfte Berliner ist Ausländer – aber viele fühlen sich hier nicht wohl, so die Internations-Umfrage.
Jeder fünfte Berliner ist Ausländer – aber viele fühlen sich hier nicht wohl, so die Internations-Umfrage.imago

Wer die Instagram-Seite „Berlin Ausländer Memes“ kennt, kennt den Blick von Zugezogenen, häufig auch „Expats“ genannt, auf Deutschland schon ganz gut. Dort wird darüber gescherzt, wie schwierig es ist, sich mit der deutschen Sprache zurechtzufinden sowie über die Ausländerbehörde und die Herausforderungen der Wohnungssuche. Aber offenbar geht es Zugezogenen in Deutschland dabei um mehr als alberne Witze: Eine neue Studie stellt klar, Expats in Deutschland finden viele wichtige Aspekte des Lebens dort deutlich schlimmer als in vielen anderen Ländern.

In der jährlichen Meinungsumfrage „Expat Insider“ von dem Expat-Netzwerk Internations landet Deutschland auf dem allerletzten Platz  in der Sparte „Expats Essentials“, das die Themen digitale Infrastruktur, Verwaltung, Wohnen und Sprache umfasst. Insgesamt nahm Deutschland den 42. Platz ein von 52. Der erste Platz ging an Mexiko, Kuwait wurde letzter. Abgestimmt haben 12.000 Zugewanderte in 52 Ländern zu Details über ihre Lebensqualität, Alltagsprobleme und die Eingewöhnungsphase.

In den Antworten wird auch deutlich, was die größten Probleme der Zugezogenen waren: So bewerten 56 Prozent der Befragten ihre Wohnungssuche in Deutschland negativ, mehr als doppelt so viele wie der weltweite Durchschnitt von 27 Prozent.

Die beschränkten Möglichkeiten zum bargeldlosen Bezahlen in Deutschland nerven ebenfalls viele Expats: Fast jeder dritte Befragte (27 Prozent) fühlt sich davon „frustriert“ – im Vergleich zu acht Prozent weltweit. Eine britische Befragte teilte in der Umfrage mit: „Ich hasse die deutsche Bürokratie wirklich. Besonders die Tatsache, dass nichts digitalisiert ist! Es dauert ewig, mit den Ämtern vor Ort in Kontakt zu treten, um Aufenthaltsgenehmigungen und Ähnliches zu besprechen.“

Deutschland gehört auch zu den „unfreundlichsten“ Ländern der Studie

Aber nicht nur in dieser Kategorie gibt es für Deutschland Luft nach oben, so Internations. In der Frage der Gesamtzufriedenheit bei Zugewanderten liegt Deutschland unter dem Durchschnitt – 66 Prozent der Befragten bezeichnen sich als zufrieden mit ihrem Leben in Deutschland, verglichen mit 72 Prozent weltweit. Auch die Eingewöhnung in ein neues Leben in Deutschland ist vergleichsweise schwierig: Bei den Themen Freunde finden, Freundlichkeit und Kultur und Gastfreundschaft landete Deutschland auf dem 46., 48. beziehungsweise 50. Platz.

Laut Statistischem Bundesamt leben in Deutschland 11,8 Millionen Zugezogene; davon leben mehr als 740.000 im Land Berlin, ein Anteil von 20,1 Prozent der Gesamtbevölkerung der Stadt. In der Internations-Umfrage nannten jeweils 16 Prozent der Befragten die Stellensuche oder Studium als Grund für den Umzug nach Deutschland – danach kam die Liebe (12 Prozent).

Nicht bei allen Bereichen schneidet Deutschland schlecht ab: 90 Prozent der Befragten fühlen sich hier sicher. Es gebe „wenig bis gar keine Gewalt“, so ein Befragter aus den USA. In der Kategorie „Arbeiten“ landete Deutschland auf dem Platz 12; vor allem gab es Lob für Sicherheit im Job. „Ich liebe die Stabilität des Lebens in Deutschland – auch bei der Arbeit“, so ein polnischer Befragter. Die „Work-Life-Balance“ in Deutschland sowie Respekt am Arbeitsplatz finde er „großartig“. Aber auch im Arbeitsbereich ist nicht alles perfekt: 34 Prozent der Befragten klagen, dass ihr Arbeitgeber weder Kreativität noch unkonventionelles Denken beim Arbeiten von ihnen fordere.